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Klofrontation: Toiletten-Szenen in Journalistenfilmen

Toiletten-Szenen im Film haben immer etwas zu bedeuten. Ganz besonders in Journalistenfilmen.

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Toiletten-Szenen im Film haben immer etwas zu bedeuten. Ganz besonders in Journalistenfilmen.

Die Häufung inszenierter stiller Örtchen in diesem Genre ist jedenfalls auffällig. Was sie über den Journalismus aussagen, schauen wir uns anhand fünf Klofrontationen näher an.

Text: Patrick Torma.

Das WC ist nicht nur ein Ort, an dem gewisse, stoffwechselbedingte Bedürfnisse gestillt werden. Die Toilette ist ein Thron, ein Rückzugsort. Hort der Privatsphäre. Letzte Zuflucht.

Kein Wunder, dass das stille Örtchen jahrzehntelang in Hollywood Tabu war. In der Frühphase des Films mogelte sie sich ab und an ins Bild. Doch mit dem Hays Code verschwand die Toilette von der Leinwand. Den Tabubruch wagte 1960 niemand Geringeres als der Master of Suspense: Alfred Hitchock. Dem berüchtigten Dusch-Mord in Psycho ging ein viel größerer Aufreger voraus. Janet Leigh entsorgt einen Zettel in der Toilette. Die Spülung rauscht durch die Schüssel. Hitchcock hielt voll drauf. Die Zensoren hyperventilierten. Weil die Szene handlungsrelevant ist, kam „Hitch“ damit durch.

Badezimmerszenen sind heute keine Seltenheit mehr. Eines jedoch hat sich bis heute nicht geändert: Sie sind meist symbolisch aufgeladen. Häufig schwingt der Reiz des Verbotenen mit, denn normalerweise ist der Toiletten-Gang eine Solo-Veranstaltung. Thriller und Horrorfilme machen sich diesen Voyeurismus zunutze, indem sie den heiligen Stuhl als Todesfalle entlarven. Der Slasher macht selbst von keiner Klotüre Halt. Legendär, weil maßlos übersteigert, ist eine Variante dieses Motivs in Steven Spielbergs Jurassic Park (1993). Der Anwalt Gennaro verbarrikadiert sich in seiner Panik auf einer Parktoilette – kurz darauf nimmt ein Tyrannosaurus Rex das Bambushäuschen auseinander. Er verschluckt den Juristen samt heruntergelassener Hose. Ein jämmerlicher Versuch, der Natur zu trotzen, ist gescheitert.

In Toiletten-Szenen schrumpfen Machtmenschen auf Normalgröße

Der cineastische Toilettenbesuch muss jedoch nicht immer mit Angst behaftet sein. Er kann, wie im echten Leben, befreiend sein. Das Örtchen kann der Ort sein, an dem geheimste Fantasien Wirklichkeit werden. Das Selbst einmal Selbst sein darf. Menschen machen Liebe, nehmen Drogen. Andere schleppen Arbeit mit aufs Klo. Manche trifft der Geistesblitz beim Kacken. Auf der Toilette schrumpfen Machtmenschen auf Normalgröße zusammen. Eine Gelegenheit, die sich – wie wir noch sehen werden – gerade Journalistinnen und Journalisten im Film nicht entgehen lassen.

Gefühlt gehören Sanitäranlagen, neben dunklen Tiefgaragen und dem Union Square-Park in Washington, D.C., zu den beliebtesten Treffpunkten in Journalistenfilmen.

Was das über den Journalismus aussagt, schauen wir uns anhand fünf exemplarischer Klofrontationen an.

Schlagzeilen

Auf der Toilette lässt es sich nicht nur ungestört, sondern ungefildert redet. Die Journalisten Hackett (M. Keaton) und Mc Dougal (R. Quaid) stellen in Schlagzeilen ihren Kontaktmann bei der Polizei zur Rede.
Auf der Toilette lässt es sich nicht nur ungestört, sondern ungefiltert reden. Die Journalisten Hackett (M. Keaton) und Mc Dougal (R. Quaid) stellen in Schlagzeilen ihren Kontaktmann bei der Polizei zur Rede. Bild: Universal Pictures.

Schlagzeilen ist ein Film, der ohne wahre Begebenheiten, ohne echten Scoop auskommt. Regisseur Ron Howard ist nicht an investigativen Sternstunden interessiert, er widmet sich dem ganz normalen Wahnsinn im Redaktionsalltag der fiktiven Zeitung The Sun. Dazu gehören auch Toiletten-Gespräche unter Männern. Die Journalisten Henry Hackett (Michael Keaton, Spotlight, Live aus Bagdad) und Michael McDougal (Randy Quaid) passen ihren Kontakt bei der Polizei ab, um ihm Details zu einem Mordfall zu entlocken. Peinlich berührt geleitet der Ermittler seinen unangemeldeten Besuch in die Herrentoilette (die im Übrigen vom Ekelfaktor her sehr nahe an die beschissenste Toilette Schottlands herankommt).

Dort lässt es sich nicht nur ungestört, sondern auch ungefiltert reden. Die Wörter fallen, wie sie eben fallen. „Wir sind an Ihrer privaten Meinung interessiert“, stellt Hackett den Bezug zur Örtlichkeit her. Noch ziert sich der Polizeimann. „Ich lasse mich nicht mit einem Bullen einschließen, weil mir das einen Kick verschafft“, wird der Journalist deutlicher. In dieser Situation – Zwei gegen Einen ist in einem Toiletten-Kontext besonders unangenehm – entlädt sich der Druck: Der Cop setzt zu einer gesalzenen Gegenrede an, es geht um die Sorg- und Verantwortungslosigkeit der Presse. Fäkalien werden verbalisiert. Besser nicht pressen, empfiehlt die Proktologie. Manche Geschäfte erfordern aber genau das. Am Ende atmen alle auf. Nichts ist befreiender als die Wahrheit.

Mad City

 Im Schutze des Stillen Örtchens bereitet sich Max Brackett (Dustin Hoffman) auf seine bevorstehende Live-Schalte vor. Ach ja, für einen unangenehmen "Das Mikro ist offen"-Gag bleibt auch noch Zeit.
Im Schutze des Stillen Örtchens bereitet sich Max Brackett (Dustin Hoffman) auf seine bevorstehende Live-Schalte vor. Ach ja, für einen plumpen wie unangenehmen “Das Mikro ist noch offen”-Gag bleibt auch noch Zeit.

Apropos Geschäfte: Manchmal dauern sie längern als wir müssen. Wir hängen gerne die eine oder andere Extra-Minute dran, weil wir auf dem Örtchen herrlich ungestört sind. Max Brackett (Dustin Hoffman) nutzt in Mad City den Toilettengang, um seine nächste Anmoderation zu proben. Wir befinden uns in einem Naturkundemuseum, über das der gefallene Star-Journalist heute berichten soll. Noch bleibt Zeit für einen plumpen wie unangenehmen „Das Mikro ist noch offen“-Gag . Beim Wasserlassen schwärmt er von der „süßen, kleinen Kamerafrau“, „die seine Tochter sein“ könnte. Die Angesprochene (Mia Kershner) hört alles im Ü-Wagen mit und lächelt die Situation weg. Eine Szene, die man heute so nicht mehr drehen würde und einen faden Beigeschmack hinterlässt.

Brackett startet noch von der Toilette aus eine Live-Schalte. Soeben ist der ehemalige Museumsmitarbeiter Sam Bailey (John Travolta) in die Einrichtung gewankt. Er will seinen Job zurück, die Pumpgun in seinen Händen soll seinem Ansinnen wohl Nachdruck verleihen. Wobei: So richtig sicher ist sich der Ex-Wachmann seiner Sache noch nicht. Brackett allerdings schafft vom Lokus aus Fakten – er lässt eine Situation medial eskalieren, die sich höchstwahrscheinlich noch hätte auflösen lassen. Im Museum befindet sich eine Schulgruppe, und das Letzte, was Familienvater Bailey sein möchte, ist ein Wahnsinniger, der Kinder als Geiseln nimmt. Zu spät. Bracketts Scheißhausbericht flimmert bereits über den Äther.

Meet The Feebles

Summend zum nächsten Scheißhausreport: Die Reporterfliege in Meet The Feebles wühlt sprichwörtlich im Mist anderer Leute. Bild: South Gate Entertainment

Jetzt wird es explizit. Der Journalist als Schmeißfliege ist eine beliebte Metapher, wenn man es nicht besonders gut mit diesem Berufsstand meint. Peter Jackson lässt in Meet The Feebles eine boulevardeske Stubenfliege auf ein verko(r)kstes Puppen-Varieté los. Privatsphäre ist ihr ein Fremdwort. Sie lauert ihren „Opfern“ auf dem stillen Örtchen auf, wo sie im wahrsten Sinne des Wortes in der Scheiße wühlt. Sie hockt in der Schlüssel und nascht vom Kot von Karnickel Harry. „Fühlen wir uns heute nicht gut, Harry?“, frohlockt die Fliege wissend. Ausgerechnet ihr Faible für Fäkalien wird ihr zum Verhängnis. Sie erstickt – wieder wortwörtlich – an dem Mist, von dem sie sich ernährt.

Transmetropolitan / Blast – Wo die Büffel röhren

Klare Ansagen – auch dem Präsidenten gegenüber. Spider Jerusalem macht keine Gefangenen. Bild: Vertigo / Panini

(Noch) kein Film. Aber derart irre, dass es ein Versäumnis wäre, diesen Toiletten-Treff unerwähnt zu lassen: Spider Jerusalem aus der Comic-Reihe Transmetropolitan ist der wandelnde Mittelfinger unter den Journalisten. Als solcher kennt er weder Takt noch Skrupel. Wenn es sein muss, legt er sich auch mit brutalen Schlägern und faschistoiden Regierungspolizisten an. Warum sollte ihn da eine schnöde Toilettentür aufhalten? In der Episode Wahlkampf (Band 1: Schöne neue Welt) hält er den US-Präsidenten von der Notdurft ab, und geht dabei nicht gerade zimperlich zu Werke: „Ich werde nicht ruhen, ehe nicht ihre geschändete, verkohlte, kastrierte und mit Hundescheiße gefüllte Leiche mitten auf dem Century Square aufgehängt ist, damit die nekrophilen Boys damit spielen können“, schwört der Anarcho-Reporter.

Ein ähnliches Szenario findet sich in der Hunter S. Thompson-Revue Blast – Wo die Büffel röhren. Dort verkleidet sich der exzentrische Thompson (gespielt von Bill Murray) als seriöser Washington Post-Reporter, um Richard Nixon am Pissoir abzupassen. Der folgende Dialog fällt allerdings weit weniger drastisch aus als in Transmetropolitan. Doch in beiden Fällen gilt: Der US-Präsident wird zum einfachen Typen, den man beim Pinkeln trifft. Bei solchen Begegnungen gelten ganz eigene Regeln.

Honorable Mention: Die Unbestechlichen

Hallo? Ja, wir suchen die Toiletten-Szene in Die Unbestechlichen. Wie, bitte? Kann was dauern? Wir bleiben in der Leitung… Bild: Warner Bros.

Die beste Klo-Szene, die keine ist. Und diesen Artikel hier inspiriert hat. Die Klofrontation in Die Unbestechlichen als Aufhänger und Klassiker im Klassiker. So war es gedacht. Das Problem: Diese Szene gibt es gar nicht. Bob Woodward (Robert Redford) trifft im Zuschauerplenum eines Gerichtssaals einen Anwalt namens Markham. Beide verfolgen eine Verhandlung, die später eine Schlüsselrolle in der Watergate-Affäre einnimmt. Woodward ahnt noch nicht, welchem Puzzlestück er da beiwohnt. Markham schon. Weswegen der Jurist („Ich bin nicht hier“) Woodward aus dem Weg geht. Der Journalist folgt ihm auf die Toilette. Denkste. Markham geht nur zum Wasserspender. Ich hätte schwören können, die Szene atmet den Geruch von Klosteinen. Klarer Fall von Mandela-Effekt. Nichtsdestotrotz gebiert die Sequenz einen Archetypen des Journalistenfilms. Robert Redford verkörpert wie kann Zweiter den beharrlichen Reporter, der kein Nein als Antwort akzeptiert.

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Batman v Superman

Treffen sich Batman und Superman auf einer Herren-Toilette. Das wäre doch mal episches Superhelden-Kino! Bild: Warner Bros.

Vom Klassiker zum Blockbuster: Batman v Superman ist im Vergleich zu Die Unbestechlichen filmische Klolektüre. Und doch ist die Toiletten-Szene in Zack Synders DC-Superhelden-Clash bemerkenswert. Hier ist es mit Lois Lane (Amy Adams) eine Frau, die einen Informanten bis auf die Herrentoilette verfolgt – und damit nicht nur Hartnäckigkeit beweist, sondern auch Augenhöhe mit dem anderen Geschlecht herstellt. Egal, ob im Stehen oder im Sitzen. Auf dem WC sind wir alle nur Menschen. Der Informant quittiert Lois Lanes Chuzpe mit einem „Sie haben ja Eier!“ und trifft sich fortan an weniger intimen, dafür an umso geheimeren Orten. Ein Hoch auf die Gleichberechtigung. Schade nur, dass Miss Lane im Laufe des weiteren Films wieder ihren Platz als Damsel in Distress einnimmt.

Tipp: In unserem Superman-Special untersuchen wir (fast) alle Superman-Streifen auf ihren journalistischen Gehalt.

Welche Toiletten-Szenen – Journalistenfilm oder nicht – sind Dir nachhaltig in Erinnerung geblieben? Schreib’s mir in die Kommentare!

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