In Skrupellos – Im Netz der Macht wird der Automobil-Journalist Max in ein mörderisches Wirtschaftskomplott verwickelt. Text: Patrick Torma. B
In Skrupellos – Im Netz der Macht wird der Automobil-Journalist Max in ein mörderisches Wirtschaftskomplott verwickelt.
Text: Patrick Torma. Bildmaterial: PolarFilm.
Es gab mal eine „Sache“, an der Journalist Max (Bruno Eyron) ganz „dicht dran“ war. Gemeint sind die illegalen Geldgeschäfte einer Privatbank, denen Max nachspürte. Jedoch gelang es dem Reporter seinerzeit nicht, die „Smoking Gun“ ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren. Stattdessen blieb der unbelegte Verdacht im Raum stehen – seitdem schreibt Max für Automagazine. Immerhin sind diese Auftragsarbeiten einträglich genug, um sich eine Wohnung in Berlin und einen grell lackierten Oldtimer leisten zu können.
Wie heiß die Spur damals wirklich war, wird in der folgenden Szene deutlich. Schnitt ins Anwesen der Eigentümerfamilie besagter Privatbank. Dort wird uns in einem ausschweifenden Talking Act ausgebreitet, dass man die Geldwäsche nach der beinahe erfolgten Enthüllung habe einstellen wollen, es jedoch jemanden in der Sippschaft gibt, der die illegalen Praktiken eigenmächtig fortführt. Dieser „jemand“ ist Konrad (Adrian Topol), das schwarze Schaf der Familie, und äußerst skrupellos noch dazu. Um seine Geschäfte zu vertuschen, heuert er (nein, das ist nicht die Auflösung, sondern gehört zum Setup) eine Bande von Mördern an, mit dem Ziel, die unliebsame Verwandtschaft auszulöschen und selbst zum Chef der Bank aufzusteigen.
Übergroßes Komplott für einen kleinen Film
Allerdings gelingt es der Dame des Hauses, ihren autistischen Sohn Anton (Jonathan Dannenberg, Sohn des Regisseurs Alexander Dannenberg, der hier sein Langfilmdebüt gibt) aus dem Massaker zu lotsen, zusammen mit einem Schreiben, das an Max adressiert ist. Darin bittet sie ihn, sich um Anton zu kümmern. Was Killer-Konrad natürlich wurmt, denn solange dessen Neffe unter den Lebenden weilt, wird er nicht alleiniger Besitzer der Bank. Gemeinsam mit dem wissenden wie verdächtig aussehenden Familienanwalt Clemens (gespielt vom 2017 verstorbenen Deutsch-Horror-Darsteller Mika Metz) schmiedet er einen Plan, wie er den neugierigen Reporter ruhigstellen kann.
Skrupellos – Im Netz der Macht (auch „bekannt“ als Justice – Verstrickt im Netz der Macht) fängt birnig an. Und bleibt es bis zur letzten Minute. Was auch daran liegt, dass das gesponnene Komplott mit Verstrickungen bis in die höchste Ebene der Finanzpolitik für eine deutsch-schweizerische Ko-Produktion dieser Größenordnung völlig überdimensioniert wirkt. Ausstattung, Anzahl der Darsteller, Dialoge – die Umsetzung des Films steht zu keinem Zeitpunkt im Einklang mit der Tragweite der Geschichte. Selbst wenn man ein Herz für Low Budget-Projekt aufbringte, fällt es schwer, den Film ansatzweise ernst zu nehmen.
Lach- und Sach-Geschichten aus dem Puff
Dazu trägt der flappsige Ton bei, der im Kontrast zur grimmigen Handlung steht. Die Darstellung des Journalisten ist hierfür beispielhaft. Max wird uns als verknitterter Charakter präsentiert, als gefallener Held mit einer halbseidenen Moral, der für Insider-Informationen auch mal in den Puff geht und dort mit den Mächtigen Schampus schlürft, im Grunde aber das Herz am rechten Fleck trägt (sieht man davon ab, dass er sich am Ende nicht für die Wahrheit in einem journalistischen Sinne entscheidet). So weit, so ausgelutscht.
Allerdings belässt es der Film es nicht dabei, die Klischees eines ermittelnden Undercover-Reporters platt zu walzen. Max umweht die Aura eines Möchtegern-James Bond: Sämtliche Frauen im Film fliegen auf ihn. Darunter auch seine ehemalige Flamme Carla (Anne-Catrin Wahls), die ebenfalls Journalistin ist und einst mit Max an der Banker-Story feilte. Sie spricht schließlich aus, was wir uns schon lange fragen: „Wie kann es sein, dass alle Frauen nach deiner Pfeife tanzen?“ Max’ schlagende Antwort: „Keine Ahnung, das muss wohl an meiner Pfeife liegen …“. Uff.
Plumper Autismus und Schnellmerker-Referenzen
Da der Film kaum Beachtung findet – auf Letterboxd wurde bislang eine einzige Bewertung abgegeben, ratet mal von wem – kann man über die völlig frei-drehende Interpretation eines Reporters hinwegsehen. Viel bedenklicher ist die stereotype, ja lachhafte Darstellung von Autismus, die sich zu 73 Prozent (ja, ich habe kurz im Kopf überschlagen) aus Rain Man-Referenzen zusammensetzt. Zweimal werden sie ganz konkret ausgesprochen: „Das ist ja wie bei Rain Man!“ Einmal fällt tatsächlich eine Dose Zahnstocher auf den Boden.
Immerhin: Nach 84 Minuten ist der Spuk vorbei – die sich im Raum-Zeit-Kontinuum ohnehin genug ausdehnen. Ich bin kein Freund davon, auf kleinen Produktionen herumzuhacken. Aber manchmal ärgere ich mich über meinen Spleen, alles zu sichten, was auch nur entfernt nach Journalismus-Plotte müffelt. In der Beziehung ist Skrupellos – Im Netz der Macht pure Selbstgeißelung.
COMMENTS
Was für eine niederschmetternde Kritik. Das hast du ja noch nie geschrieben! Ich bin völlig sprachlos und habe den Film gar nicht erst aufgeschrieben. Danke dass ich ihn nicht kucken muss!