In Die Rückkehr der grünen Hornisse bekommt es ein Superheld mit Massen von Gegnern zu tun. Störfaktor ist ausgerechnet eine Journalistin.
In Die Rückkehr der grünen Hornisse bekommt es ein Superheld mit Massen von Gegnern zu tun. Störfaktor ist ausgerechnet eine Journalistin.
Shanghai, irgendwann in den 90er-Jahren: Kinderschmuggel und Waffenhandel blühen. Ein Rächer mit Maske (Chin Kar-Lok) lehrt Gangstern das Fürchten, indem er sie verhaut. Käme ihm nicht ständig die blauäugige Journalistin Tom (Esther Kwan) dazwischen, die ständig gerettet werden will. Willkommen in der Welt von Green Hornet.
Gemeint ist die Schmalspur-Variante aus Hongkong von 1994. Die Rückkehr der grünen Hornisse, auch bekannt unter dem Titel Shanghai Rumble, soll uns in die Unterwelt der chinesischen Metropole entführen, sieht aber so aus, als wäre sie irgendwo auf einem Bauernmarkt auf dem platten Land gedreht worden. Alles an dem Film wirkt billig.
Die grüne Hornisse war auch schon mal erfolgreicher …
Dabei besitzt Green Hornet durchaus Leinwandformat. Schon in den 1930er- und 1940er-Jahren zeugten Serials von den Abenteuern des beliebten Superhelden. Die gleichnamige US-Krimiserie aus den 1960er-Jahren, mit einem gewissen Bruce Lee in der Rolle des Sidekicks Kato, schaffte es auch in die hiesigen Wohnzimmer. 2011 lieferte Michael Gondry einen durchwachsenen Blockbuster ab: Ins Kostüm der grünen Hornisse schlüpfte Seth Rogen (Long Shot, The Interview), der es mit Christopher Waltz aufnahm.
Charakteristisch für die Figur ist, dass sie wie Bruce Wayne alias Batman ein Doppelleben führt. Hinter der Maske verbirgt sich der Zeitungsverleger Britt Reid – und damit ein heißer Kandidat für unsere etwas eingeschlafene Reihe journalistic relief, die in loser Folge Comic-Journalist*innen unter die Lupe nimmt. Mit Die Rückkehr der grünen Hornisse habe ich mir allerdings ausgerechnet einen Beitrag herausgegriffen, in dem die wahre Identität des Helden keine Rolle spielt. Es gibt keine Back Story. Die grüne Hornisse ist einfach da.
Kein Zeitungsverleger, dafür eine Journalistin
Dennoch „lohnt“ sich der Blick aus der Perspektive dieses Blogs. Vor allem in der ersten Hälfte des Films steht die Journalistin Tom im Mittelpunkt. Sie will eine Geschichte über die Machenschaften der Triaden schreiben. Wobei ihre Recherchemethoden derart fahrlässig ausfallen, dass man ihr eine gewisse Todessehnsucht unterstellen muss. „Getarnt“ als Hobby-Fotografin entert sie entlegene Sperrgebiete und dunkle Gassen, was skrupellosen Schiebern natürlich wenig schmeckt. Die Reporterin wird so zur wandelnden Superheldenarbeitsbeschaffungsmaßnahme. Andauernd muss die grüne Hornisse rettend tätig werden.
Damit ist die Figur Comic-Journalistinnen wie April O’Neil (Teenage Mutant Hero Turtles) oder Lois Lane (Superman) nicht unähnlich. Als Reporterinnen sind sie wichtige Handlungstreiberinnen, die mit ihren Recherchen das nächste Abenteuer anstoßen, bei erbrachter Leistung häufig jedoch in die Rolle der Frau in Nöten zurückgedrängt werden. Damit Superhelden eben Superhelden-Dinge tun können. Wobei zur Ehrenrettung gesagt sei: Sowohl O’Neil als auch Lane entwickeln über zahllose Story-Arcs hinweg eine Eigenständigkeit, die mal stärker, mal weniger stark ausgeprägt ist. Selbst die Margot Kidder-Lane aus den Superman-Filmen der 1970er-/80er-Jahre darf in Die Welt am Abgrund zur Abwechslung mal für ihren Beschützer sorgen.
Journalistische Inkompetenz und perfides Writing
Diese Form der Eigenständigkeit ist Tom aus Green Hornet nicht vergönnt. Zwar darf sie in einer Szene eine kriminelle Vereinigung sprengen, das aber auch nur, weil sie, erneut in Not geraten, die Polizei auf sich aufmerksam macht. Ansonsten stolpert sie von einer Patsche in die nächste. Und das derart proaktiv, dass es weh tut. Mal klettert sie auf eine Leiter ins Nichts, mal steckt sie die Hütte in Brand, in der sie sich vor Gangstern versteckt. In ihrem allerersten Auftritt wird sie von einer wild gewordenen Sau in den Matsch gerempelt.
Nicht nur, dass sie permanent die Kapazitäten der grünen Hornisse beansprucht, sie hält auch uns davon ab, einen unterhaltsamen Film zu sehen. Wenn wir eines von einem Martial-Arts-Streifen erwarten, möge er noch so schamlos heruntergekurbelt sein, dann sind es spaßige Kloppereien.
Die Rückkehr der grünen Hornisse: Familienfilm ab 18 Jahren?
Stattdessen muss sich unser Held mit kecken Versteckspielen aufhalten. Zum Dank versucht Tom ständig, die Identität ihres Retters zu enttarnen. Um „die Auflage ihrer Zeitung in die Höhe zu treiben“, wie sie ihrem Diktiergerät verrät. Egozentrisch, unfähig, ein einziger Störfaktor – perfider lässt sich eine Frauenrolle kaum schreiben.
Das führt so weit, dass man erleichtert ist, wenn die Journalistin irgendwann deutlich weniger Screentime erhält. Generell unterscheidet sich die zweite Hälfte tonal deutlich von der ersten des Films. Bekommt man anfangs familientauglichen Fernseh-Klamauk vorgesetzt (nur ein unvermittelter Bootsschrauben-Unfall löst flüchtige Irritationen aus), mutiert Die Rückkehr der grünen Hornisse im weiteren Verlauf zum grimmigen Actioner, in dem reihenweise böse Soldaten aus dem Westen niedergemäht werder. Besser wird der Film dadurch nicht, im Gegenteil: hier stimmt aber auch rein gar nichts. Hornissen mögen zwar Artenschutz genießen. Die hier ist ein Fall für den Kammerjäger.
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