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Oft nominiert, selten prämiert: Journalistenfilme bei den Oscars

Journalistenfilme werden bei den Oscars oft nominiert, jedoch kaum prämiert. Wir führen in diesem Beitrag einmal Buch.                             

journalistefilme.de – der Podcast #20: Mank (2020)
Die Leiden des Charles F. Kane: Citizen Kane (1941)
Fundgrube Filmplakate: Poster-Journalisten, Part I

Journalistenfilme werden bei den Oscars oft nominiert, jedoch kaum prämiert. Wir führen in diesem Beitrag einmal Buch.                                                                                                                                                     

Text: Patrick Torma. Bildmaterial: Paramount Pictures.

Disclaimer: Der Beitrag beruht auf einer früheren Version aus dem Jahr 2017. Damals hatte ich einen wichtigen Gewinnerfilm „unterschlagen“. (Danke nochmal an Tobias, der mich auf diese Leerstelle hinwies).

Journalistenfilme als Bester Film

Kaum zu glauben, aber wahr: Spotlight 2016 war erst der dritte Journalistenfilm, der den Oscar für den Besten Film abstaubte. Was meinst du: Welches sind die anderen beiden Filme in diesem erlauchten Kreis?

Die Unbestechlichen? Die Filmfibel für Journalisten erhielt 1977 vier Oscars, aber nicht in der Königskategorie.

Citizen Kane? Orson Welles meisterhaftes Porträt eines Zeitungsmagnaten, angelehnt an Boulevardmogul Willam Randolph Hearst, wurde bei der Verleihung 1942 bei neun Nominierungen mit dem Oscar für das Beste Original-Drehbuch abgespeist.

Aber zumindest das Jahrzehnt stimmt: Vor Spotlight räumte zuletzt 1948 ein Journalistenfilm in der wichtigsten Kategorie ab. In Tabu der Gerechten (im Original: Gentlemen’s Agreement) spielt der auf Heldenrollen geeichte Gregory Peck einen Journalisten, der einen Artikel über Antisemitismus schreibt und dafür eine jüdische Identität annimmt, um Diskriminierung am eigenen Leibe zu erfahren. Noch nie gehört? Ich vorher auch nicht. Wird Zeit, dass ich dieses Versäumnis nachhole.

Die meisten Oscars eines Journalistenfilms

Und davor? Vollbrachte Es geschah in einer Nacht (OT: It Happened One Night) das Kunststück, fünf Oscars davonzutragen, darunter erstmals alle Big Four-Auszeichnungen (Bester Film, Beste Regie und die beiden Schauspiel-Oscar für die männliche und weibliche Hauptrolle). Der Klassiker von Regisseur Frank Capra gilt als Inbegriff der romantischen Komödie. Darin spielt Clark Gable einen gefeuerten Journalisten, der eine Ausreißerin aus reichem Hause auf der Flucht begleitet – er wittert die Chance auf einen Exklusivbericht, der seine Karriere neu ankurbelt.

Hörtipp: Mit Christoph Müller vom lesenswerten Blog Fluxkompensator habe ich Es geschah in einer Nacht in einer Folge von journalistenfilme.de – der Podcast unter die Lupe genommen.

Fünf Oscars sind die seitdem noch immer die Messlatte. Beinahe gerissen hat diese Marke Die Unbestechlichen, doch der ultimative Journalistenfilm 1977 scheiterte u.a. an Rocky (der den Oscar für den Besten Film gewann). Von acht Nominierungen wurden “nur” vier veredelt, und zwar in den Kategorien Bester Nebendarsteller (für Jason Robards), Bestes adaptiertes Drehbuch, Bestes Szenenbild und Bester Ton.

Am selben Abend räumte The Network ebenfalls vier Oscars ab, darunter die Oscars für den Besten Hauptdarsteller (für Peter Finch, der in der Rolle eines wahnsinnigen Nachrichtensprechers brilliert), die Beste Hauptdarstellerin (Faye Dunaway) und die Beste Nebendarstellerin (Beatrice Straight), dazu den Oscar für das Beste Original-Drehbuch.

Drei Oscars erhielten das Kambodscha-Drama The Killing Fields (1986), der im sozialistischen Milieu der Post-Erste-Weltkrieg-Ära spielende Journalistenfilm Reds (1982, insgesamt zwölf Mal nominiert!) und das bereits erwähnte Tabu der Gerechten (1948).

Die häufigste Auszeichnung

In die Big Four stoßen Journalistenfilme selten vor. Als Trostpflaster gibt es ja die Drehbuch-Oscars. Gleich viermal wurde der Oscar für das Beste Original-Drehbuch gewonnen: Spotlight (2016), Almost Famous (2001), The Network (1977) und Citizen Kane (1942).

Bemerkenswerte Oscars

Eine märchenhafte Geschichte ist der Oscar für Haing S. Ngor im Jahr 1986. Der Kambodschaner, selbst Opfer des Rote Khmer-Regimes, spielte ohne jegliche Schauspielerfahrung in The Killing Fields den kambodschanischen Journalisten Dith Pran. Wobei die Tatsache, dass die Academy die Figur des Pran zur Nebenfigur degradierte, ein kleiner Skandal ist. Leider hielt Ngors Märchen kein Happy End bereit. Der Oscar-Preisträger wurde 1992 von einer Jugendbande überfallen und erschossen.

Zwei Jahre vor der Auszeichnung von Haing S. Ngor erhielt Linda Hunt den Oscar für die Beste Nebendarstellerin – für die Darstellung eines Mannes. In Peter Weirs Ein Jahr in der Hölle schlüpfte sie an der Seite von Mel Gibson in die Rolle des Fotoreporters Billy Kwan.

Viele Nominierungen, keine Auszeichnung

Eine hohe Zahl an Nominierungen garantiert keinen Oscar. Filme wie Die Farbe Lila (elf Nominierungen), American Hustle, Gangs of New York oder True Grit (zehn Nominierungen) sind beste Negativbeispiele. Citizen Kane gehört mit einem Oscar bei neun Nominierungen zu den größten Verlierern unter den Journalistenfilmen. Aber ein läppischer Drehbuch-Oscar ist immer noch besser als Fritten aus der Mülltonne.

Diese Filme besaßen alle Chancen, gingen aber komplett leer aus: Michaels Mann Insider (2000), Broadcast News (1987, je sieben Nominierungen), Good Night and Good Luck (2006) Hitchcocks Der Auslandkorrespondent (1941, je sechs Nominierungen), Philomena (2014), Frost/Nixon (2009) und Blood Diamond (2008, je fünf Nominierungen).

Alle* Journalistenfilme bei den Oscars (Gewinner gefettet)

  • 2025: September 5 – eine Nominierung
  • 2024: 20 Tage in Mariupol – eine Nominierung, ein Oscar (Beste Dokumentation), Die unendliche Erinnerung – eine Nominierung
  • 2021: Colectiv – zwei Nominierungen
  • 2017: Jim Foley – Realität des Terrors, eine Nominierung
  • 2016: Spotlight – sechs Nominierungen, zwei Oscars (Bestes Original-Drehbuch)
  • 2014: Phliomena – fünf Nominierungen
  • 2012: Verblendung – fünf Nominierungen, ein Oscar (Bester Schnitt)
  • 2009: Frost/Nixon – fünf Nominierungen
  • 2008: Blood Diamond – fünf Nominierungen
  • 2006: Good Night and Good Luck – sechs Nominierungen
  • 2001: Almost Famous – vier Nominierungen, ein Oscar (Bestes Original-Drehbuch)
  • 2000: Insider – sieben Nominierungen
  • 1998: Wag The Dog – zwei Nominierungen
  • 1995: Schlagzeilen – eine Nominierung
  • 1988: Broadcast News – sieben Nominierungen / Schrei nach Freiheit – drei Nominierungen
  • 1987: Salvador – zwei Nominierungen
  • 1986: The Killing Fields: sieben Nominierungen, drei Oscars (Bester Nebendarsteller, Beste Kamera, Bester Schnitt)
  • 1984: Ein Jahr in der Hölle – eine Nominierung, Verein Oscar
  • 1982: Reds: zwölf Nominierungen, drei Oscars (Beste Regie, Beste Nebendarstellerin, Beste Kamera) / Die Sensationsreporterin – drei Nominierungen
  • 1980: Das China-Syndrom – vier Nominierungen
  • 1977: Die Unbestechlichen – acht Nominierungen, vier Oscars, (Bester Nebendarsteller Jason Robards, Bestes adaptiertes Drehbuch, Bestes Szenenbild, Bester Ton)
    The Network zehn Nominierungen, vier Oscars (Bester Hauptdarsteller, Beste Hauptdarstellerin, Beste Nebendarstellerin, Bestes Original-Drehbuch)
  • 1962: Das süße Leben – vier Nominierungen, ein Oscar (Bestes Kostümdesign – Schwarzweißfilm)
  • 1952: Reporter des Satans – eine Nominierung
  • 1948: Tabu der Gerechten – acht Nominierungen, drei Oscars (Bester Film, Beste Regie, Beste Nebendarsteller)
  • 1942: Citizen Kane, neun Nominierungen (Bestes Original-Drehbuch)
  • 1941: Der Auslandskorrepondent – sechs Nominierungen
  • 1932: Spätausgabe – eine Nominierung
  • 1931: The Front Page – drei Nominierungen

* mit bestem Wissen und Gewissen – Hinweise auf vergessene Filme gerne an mich!

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