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Fit to Print: Vier Minuten bis zur Deadline

Das Brettspiel Fit to Print bringt uns die Hektik einer Zeitungsproduktion nach Hause. Ob das Spaß macht? Ein Spielbericht.

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Das Brettspiel Fit to Print bringt uns die Hektik einer Zeitungsproduktion nach Hause. Ob das Spaß macht? Ein Spielbericht.

Text & Bilder: Patrick Torma

Unerbittlich rückt die Deadline heran. Noch weist die Titelseite etliche weiße Flecken auf. Hastig schustern wir unsere Zeitung zusammen. Aufmacher, Titelbild und großformatige Anzeigen passen aber nicht nebeneinander. Immer tiefer verbeißen wir uns in das Puzzle. Dieses Layout-Tetris muss doch irgendwie aufgehen. Die Erkenntnis, dass diese Ausgabe einen Tod sterben muss, sie kommt zu spät. Das Signal zur Drucklegung ertönt und entbindet uns gnadenlos von unseren Aufgaben. Unsere Titelseite gleicht weiterhin einem Schweizer Käse – die schadenfrohe Konkurrenz lacht sich schlapp. Willkommen in der Welt von Fit to Print!

In dem Brettspiel schlüpfen wir in die Rolle von Blattmacher*innen, die sowohl für die redaktionelle Themenwahl als auch für das Layout ihrer Zeitung verantwortlich sind. Eine Doppelfunktion, die insbesondere im Lokalen nicht unüblich ist, wie ich aus meiner Zeit bei einer Vorort-Zeitung bestätigen kann: morgens zum Termin, mittags Artikel schreiben und am Nachmittag die Ausgabe bauen – das war für mich Usus. Immerhin: Anders als in Fit to Print wurden weiße Seiten (zumindest in aller Regel) nicht einfach ohne Rücksicht auf Verluste gedruckt. Dennoch: Die Abläufe im Druckhaus waren eng getaktet, und die Kolleginnen und Kollegen dort wollten schließlich auch irgendwann fertig werden. Also wurde so manche Ausgabe mit extra heißer Nadel gestrickt.

Ausgewogen und ertragreich sollte die Zeitung sein

Insofern ist bei mir ein kleines bisschen Masochismus, vor allem aber jede Menge berufliche Nostalgie im Spiel: Als alter Printhase war Fit to Print auf der diesjährigen Spielemesse in Essen ein Pflichtkauf für mich. Bereut habe ich ihn nicht: Für schnelle, lustige Runden ist das Spiel immer gut.

Im Kern ist Fit to Print ein Plättchenlegespiel, bei dem wir immer neue Puzzles lösen, die wir – unter Zeitdruck – zu einem gewissen Grad selbst erschaffen. Über drei Runden schrauben wir drei Wochenendausgaben zusammen. Nur wer einen ausgewogenen Mix aus guten und schlechten Nachrichten anbietet und obendrein darauf achtet, dass genügend Moneten fließen, sprich: es schafft, Journalismus und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen (wie in der Realität ein Husarenritt!), hat eine wirkliche Chance, am Absatzmarkt bzw. in der Punkteauswertung zu bestehen.

Ähnliche Idee, anderes Medium: Im PC-Spiel Mad News lenken wir basteln wir uns eine Boulevard-Zeitung.

Der Zeitungsbau funktioniert in Echtzeit: Aus einer großen, gemeinsamen Auslage greifen wir nach verdeckten Plättchen, unter denen sich Artikel, Fotos und Inserate verbergen. Mit jedem Teil stehen wir vor der Entscheidung: Behalte ich das Plättchen, weil es in meine Blattstruktur passt? Oder schmeiße ich es zurück in die Mitte, um es für andere am Tisch freizugeben? Sind wir der Ansicht, dass wir genügend Stoff im Stehsatz haben, um die kommende Ausgabe zu bestücken, geht’s auch schon ins Layout.

Fit to Print zeichnet sich durch die vielen, liebevollen Anspielungen aus. Als Filmfan freue ich mich natürlich über diese Kinowerbung. Wobei: Watership Down in 3D wäre ein wohl ziemlich verstörendes Erlebnis.
Fit to Print zeichnet sich durch die vielen, liebevollen Anspielungen aus. Als Filmfan freue ich mich natürlich über diese Kinowerbung. Wobei: Watership Down in 3D wäre ein wohl ziemlich verstörendes Erlebnis.

Mal praxisbezogen, mal realitätsfremd: der Zeitungssatz

Hierbei müssen wir grundlegende Satzregeln berücksichtigen, die zum Teil der echten Praxis entlehnt sind. Beispielsweise habe ich gelernt, dass „Bild an Bild“ gar nicht geht. Andere Regeln sind da realitätsfremder und dienen eher der spielerischen Herausforderung: Während Anzeigen in natura gerne in einheitlichen Blöcken zusammengezogen werden, müssen sie in Fit to Print für sich stehen. Auch dass   benachbarte Artikel zwingend aus unterschiedlichen Ressorts stammen müssen, ist aus redaktionell-thematischer Denke heraus wenig schlüssig.

Dazu sind journalistische Inhalte mit freundlichen und traurigen Smileys gekennzeichnet (das wiederum wäre vielleicht ein Konzept, worüber man mal in echt nachdenken könnte) – am Ende des Tages sollte Differenz zwischen guten und schlechten Nachrichten nicht allzu groß sein. Ach ja, bekommt man einen Artikel wider Erwarten doch nicht im Blatt unter, hagelt es Minuspunkte. Logisch: In einen echten bzw. perfekten Welt würde ja auch ein Ausfallhonorar für beauftragte Autor*innen fällig. 

Galaxy Trucker als spielerisches Vorbild

Hat man diese Regeln verinnerlicht, mutet das Spiel gar nicht so schwer an. Tatsache ist: Für Redaktion und Layout bleiben uns im normalen Schwierigkeitsgrad lediglich vier Minuten. Und diese vier Minuten sind wirklich schneller verronnen, als einem lieb ist. Nimmt man noch optionale Herausforderungen hinzu (per Zufallskarte kommen zusätzliche Vorgaben à la „Platziere keine Wirtschaftsartikel unterhalb der Falz“ ins Spiel), wird’s flugs ganz schön knackig.

Mehr Brettspiel-Tipps gefällig? Unter dem Instagram-Account @spielergeier gebe ich, gemeinsam mit meinem guten Freund Tobias, Einblicke in die Abgründe einer Spielesucht.

Spieler*innen mit Erfahrung werden sich an Galaxy Trucker erinnert fühlen, wo wir unter Zeitdruck einen Raumfrachter zusammenzimmern, der einer anschließenden Tour durch ein von Piraten und Meteoriten verseuchtes Weltall standhalten soll. Ob nun das Raumschiff des Gegenübers zerbröselt oder Mitspielende auf weiße Titelseiten starren: Die diebische Freude ist dieselbe.

Die GOAT räumt ab - die tollen Illustrationen sorgen im Verbund mit den augenzwinkernden Headlines immer wieder für Schmunzler.
Die GOAT räumt ab – die tollen Illustrationen sorgen im Verbund mit den augenzwinkernden Headlines immer wieder für Schmunzler.

Redaktionsalltag in einer knuffigen Tierwelt

Zusätzlichen Reiz üben die hübschen Illustrationen von Ian O’Toole aus: Fit to Print ist in einer Tierwelt angesiedelt, in der sich Fuchs und Hase die Druckfreigabe geben. Wer einen „cuteness overload“ fürchtet: Die Zeichnungen sind zweifelsohne niedlich, aber in meinen Augen nicht zu süß geraten. Tatsächlich schafft das Spiel einen atmosphärischen Spagat: Headlines und Fotos sind auf tierische Interessen ausgerichtet, spielen aber auf echte Wirkmechanismen an. So sind Sensationalismus und vollmundige Werbeversprechen in dem Spiel allgegenwärtig. Die vielen Schlagzeilen, Fotos und Fake-Anzeigen mit ihren liebevollen Anspielungen sorgen für immer wieder für Schmunzler.

Sicher, einigen Spieler*innen dürfte die Aufmachung von Fit to Print zu flauschig daherkommen. Wobei: Im hektischen Redaktionsbetrieb bleibt gar nicht viel Zeit, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Schnell steckt man hochkonzentriert im berüchtigten „Tunnel“. Der jedoch auch Gefahren birgt. Unter diesem Druck ist schon so manche Perle des Lokaljournalismus entstanden.

Eine deutsche Version von Fit to Print ist in Plan

Fazit: Mir persönlich gefällt Fit to Print sehr, gerade weil es meine berufliche Biografie streift und liebevoll aufs Korn nimmt. Ich könnte mir vorstellen, dass es anderen Branchenkenner*innen mit Spieltrieb ähnlich ergeht. Darüber hinaus ist Fit to Print ein schönes Spiel, das auch Familien zur Hand nehmen können. Die Spielanleitung bietet unter anderem Spielmodi mit „entschärften“ Regeln an, die den Stress-Level reduzieren und einen (noch) einfacheren Einstieg ermöglichen.

Kleiner Wermutstropfen: Wer mit dem Spiel als Weihnachtsgeschenk liebäugelt, muss derzeit noch mit der internationalen Fassung vorliebnehmen. Eine deutsche Version wird voraussichtlich erst im kommenden Jahr bei Skellig Games erscheinen.

Hinweis: Unbezahlte Werbung, Spiel wurde selbst gekauft.

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