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Lightning Kicks im Auftrag der Wahrheit: Chun-Li aus Street Fighter (1994)

Die Videospielverfilmung Street Fighter - Die entscheidende Schlacht macht aus der furios um sich tretenden Chun-Li eine Krisen-Journalistin.

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Die Videospielverfilmung Street Fighter – Die entscheidende Schlacht macht aus der furios um sich tretenden Chun-Li eine Krisen-Journalistin.

Als solche berichtet sie über die Machenschaften von General M. Bison, Diktator der fiktiven Asia-Republik Shandaloo. Zumindest in den ersten Minuten, danach will auch sie Blut sehen.

Text: Patrick Torma. Bildmaterial: Sony.

Zur Person: Die Welt blickt gebannt auf die asiatische Nation Shandaloo. General M. Bison (Raul Julia, Addams Family) hat eine Handvoll Geiseln genommen und fordert von der Weltgemeinschaft ein Lösegeld von 20 Millionen US-Dollar. Sollte die Summe nach Ablauf des Ultimatums nicht auf Bisons Schweizer Bankkoto eingegangen sein, plant der größenwahnsinnige Diktator einen genetisch modifizierten Super-Soldaten Amok laufen zu lassen. Eine Militäreinheit der Allied Nations – kurz: AN – bereitet sich unter der Führung des Colonels Guile (sprich: „Geil“, gespielt von Jean-Claude Van Damme, Universal Soldier) auf einen Zugriff vor. Noch aber weiß niemand, wo sich das Geheimversteck von General M. Bison befindet.

Chun-Li Zang (Ming-Na Wen, Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D.) ist das Auge der Weltöffentlichkeit. Für die Weltnachrichten von GNT berichtet sie aus der Krisenregion Shandaloo. Furchtlos, bissig, meinungsstark – in ihren Reportagen schwingt ein aggressiver Unterton mit, der an ihrer journalistischen Neutraliät zweifeln lässt. Ist Chun-Lis persönliches Schicksal mit diesem Konflikt verknüpft? Wer sich im Rahmen tiefgehender Recherchen eigens in eine Ninja-Kluft schmeißt, der macht sich zumindest verdächtig.

Showdown in Shandaloo: Colonel Guile (rechts, Jean-Claude Van Damme) will den wahnsinnigen Diktator M. Bison (Raul Julia) stürzen.
Showdown in Shandaloo: Colonel Guile (rechts, Jean-Claude Van Damme) will den wahnsinnigen Diktator M. Bison (Raul Julia) stürzen.

Wie macht man aus einem Prügelspiel einen Kinofilm?

Der Film: Mario und Luigi waren Vorreiter, mit Billy und Jimmy Lee hatte ein weiteres Brüderpaar nachgelegt. Wir befinden uns in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre. Der Erfolg von Heimkonsolen ermuntert die Produzenten, darüber nachzudenken, wie man die Zugkraft von Videospielen nutzen kann, um den Reibach an die Kinokassen zu verlängern. Mit Super Mario Bros. und Double Dragon hatten es zwei Videospielverfilmungen in die Lichtspielhäuser geschafft, beide waren Flops. Finanziell sowieso. Vor allem aber ließ die Kritik ließ kein gutes Haar an den Geschichten, die beide Filme erzählten. Gerade Super Mario Bros. (1993) gilt in dieser Hinsicht als berüchtigt: Dessen dystopisches Cyber Punk-Setting konnte nicht weiter von den bunten Jump ‘n’ Run-Leveln der Vorlage entfernt sein.

Diejenigen, die es gut mit ihm meinen, loben den Film für diesen Mut. Denn die Rumpfhandlung eines arcadigen Hüpfspiels hätte sich wohl kaum für einen abendfüllenden Film geeignet. Vor einem ähnlichen Problem stand Steven E. de Souza (als Autor u.a. an Stirb Langsam I & II beteiligt), als er sich bereit erklärte, Buch und Regie für die Verfilmung des extrem erfolgreichen Beat ’em ups Street Fighter II zu übernehmen. Auch de Souza verabschiedete sich früh von der Idee, das Spielprinzip (eine Gruppe von Kämpfern tritt zum ultimativen Turnier an) zum Thema seiner Erzählung zu machen. Stattdessen verlagerte er die Handlung in die fiktive Krisenrepublik Shandaloo, wo die Spielcharaktere aus unterschiedlichen Motiven heraus – meist geht es irgendwie ums Kloppen – aufeinander treffen.

Furchtlos und auffallend meinungsstark: Reporterin Chun-Li Zang (Ming-Na Wen) berichtet über die Machenschaften des bösen Generals.
Furchtlos und auffallend meinungsstark: Reporterin Chun-Li Zang (Ming-Na Wen) berichtet über die Machenschaften des bösen Generals M. Bison.

Street Fighter – Die entscheidende Schlacht ist ein 100 Mio. Dollar-Hit

Das Ergebnis ist bei weitem nicht perfekt. Street Fighter – Die entscheidende Schlacht leidet unter der Last der vielen Figuren und ihrer Nebengeschichten. Die Tonalität pendelt zwischen bierernst und völlig gaga umher. Der Film läuft an wie ein klassischer Kriegsreporterstreifen und endet mit viel Peng und Puff in einer Bond-Bösewicht-mäßigen Untergrundbasis. Aber: Street Fighter geht für seine Verhältnisse voll in Ordnung. Der Film war mit einem 100 Millionen US-Dollar Einspielergebnis ein respektabler Hit. Sieht man von seinen Sprecherrollen in der Kung Fu Panda-Reihe und seinen Auftritten in Ensemble-Filmen wie Expendables 2 oder Jian Bing Man ab, dann ist Street Fighter bis heute der zweiterfolgreichste Van Damme-Film – nach Time Cop.

Hör-Tipp: (Viel) Mehr zur Geschichte des Films erfahrt Ihr in dem formidablen Podcast Lichtspielplatz von Christian Genzel und Christoph Schwarz, die ausführlich über die Videospielverfilmungen der 90er-Jahre berichten und auch beteiligte Filmemacher wie Steven E. de Souza zu Wort kommen lassen: Lichtspielplatz #38 – Klempner, Katzen und Krawall: Die Spieleverfilmungen der Neunziger.

Christian Genzel war auch bereits zu Gast bei journalistenfilme.de – der Podcast. Gemeinsam haben wir die Filme Nightcrawler (Folge #1), Network (Folge #5) und Der Schulmädchen-Report (Folge #19) besprochen.

Intensiv-Recherche à la Chun-Li Zang: In Ninja-Kluft steigt die Journalistin ins Leichenschauhaus ein.
Intensiv-Recherche à la Chun-Li Zang: In Ninja-Kluft steigt die Journalistin ins Leichenschauhaus ein.

Reporterin Chun-Li Zang will keine Story, sie will töten

Funktion: Eine Nachrichtenberichterstattung als Einleitung in den Film – das ist ein beliebter Kniff, mehr oder minder komplexe Ausgangslagen auf den Punkt zu bringen. Oder aber, um sich visuellen Erzählaufwand zu sparen. Es ist einfacher, eine Nachrichtensprecherin bzw. einen Nachrichtensprecher das Setting erklären zu lassen, als dieses Setting im Rahmen der Handlung zu etablieren. Ein besonders fieses Negativbeispiel exerziert der Sci-Fi-Quark Robotropolis vor. In Street Fighter ist dieser Dreh vertretbar, Chun-Lis Berichterstattung vermittelt nicht nur die Vorgeschichte, sondern auch die globale Tragweite dieses Konfliktes.

Allerdings: Spätestens nach dem ersten Viertel des Films hat die Journalistin ihre Aufgabe als Aufklärerin erfüllt. Sie legt ihre Tarnung ab. Zwar ist es nicht so, dass Chun-Li keine die Reporterin nur mimt. Immerhin ist sie seit „zehn Jahren im Mediengeschäft“, wie sie selbst verrät. Doch Journalismus ist keine Herzensangelegenheit für sie. Ihre Berufswahl dient einzig und allein einem Ziel: Sie will Rache nehmen an General M. Bison, der einst für den Tod ihres Vaters verantwortlich war. „Ich will keine Story. Ich will ihn töten“, gesteht sie Colonel Guile. Jetzt, wo sie sich der Berichterstattung entledigt, hat der sogar warme Worte für sie übrig. Als Reporterin war Chun-Li ein Stör-Faktor. Jetzt ist sie ein „Prachtweib“.

Schrotthaufen auf vier Rädern, und doch sind es die Räder, die die Welt (be)deuten. Aus diesem Van sendet Chun-Li ihre Berichte rund um den Globus.
Schrotthaufen auf vier Rädern, und doch sind es die Räder, die die Welt (be)deuten. Aus diesem Van sendet Chun-Li ihre Berichte rund um den Globus.

Die Vergeltung als Antrieb für eine journalistische Laufbahn

Der Journalismus hat es ihr ermöglicht, die Welt zu bereisen, fremde Kampfkünste zu erlernen und Informationen zusammenzutragen. Die Vergeltung als Antrieb für eine Laufbahn als Reporterin ist ein verhältnismäßig ungewöhnliches wie konstruiertes Motiv. Normalerweise verdingen sich Racheengel als Privatermittler, Söldner oder Superhelden. Eine ähnliche Motivation verfolgt etwa Journalist Seiji Hayami aus der Manga- und Anime-Adaption Cutey Honey: Tears (2016).

Trivia: Undercover liegt Chun-Li im Blut, doch erst der Film macht sie zur Reporterin. In der Hintergrundgeschichte zur Videospielvorlage arbeitet sie als verdeckte Ermittlerin. Auch Balrog und Honda werden in der Verfilmung zu journalistischen Quereinsteigern. Der Boxer (Balrog) und der Sumoringer (Honda) unterstützen Chun-Li als Mitglieder ihrer TV-Crew.

Mehr obskure Journalistenfiguren aus Videospielfilmungen:

Kurz notiert: Redd White aus Ace Attorney (2012)

Mehr Journalistenfiguren aus Sci-Fi-Actionern:

Kurz notiert: Vartis Hammond – der unbesungene Held aus Judge Dredd (1995)

Kurz notiert: Jagdfieber mit Tony Pope – Predator 2 (1990)


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Street Fighter – Die entscheidende Schlacht [Blu-ray]

3.0
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