journalistenfilme.de feiert 2025 10-jähriges Bestehen. Schon in Menschenjahren läuft so eine Dekade auf jede Menge Lebenszeit hinaus.

journalistenfilme.de feiert 2025 10-jähriges Bestehen. Schon in Menschenjahren läuft so eine Dekade auf jede Menge Lebenszeit hinaus.
Text: Patrick Torma. Fotos: Camillo Wiz.
In Blogjahren bedeuten zehn Jahre eine Ewigkeit. Dass ich solange „durchhalten“ würde, hätte ich nicht gedacht, als ich im Oktober 2015 mit einer Besprechung zu Die Unbestechlichen in die weite Welt der Filmblogosphäre aufbrach.
Heute noch krame ich diese Kritik hin und wieder hervor, denn sie gehört zu den Texten, die meinen Bock auf dieses filmisches Nischenthema* – die Darstellung des Journalismus im Kino – konserviert haben. Ganz ehrlich: In zehn Jahren tut so manche Rückbesinnung Not. Mindestens zwei Mal stand ich ernsthaft davor, den ganzen Bumms (wie man so schön im Ruhrpott sagt) in die digitale Tonne zu hauen (oder zumindest als Netzfund zu archivieren). Rückblickend bin ich natürlich froh, dass ich es nicht getan habe. Und doch hätte ich es in der jeweiligen Situation verstanden.
* Was bisher geschah: Hier geht’s zu meinem Mission Statement.
Beziehungskiste Blog: gute Zeiten, schlechte Zeiten …
Menschen wandeln sich. So we meine Beziehung zu diesem Blog hier immer wieder mal. Als Schreibausgleich ins Leben gerufen, während ich mich beruflich vom Journalismus verabschiedete, war der Blog so etwas wie ein Bindemittel in meine Vergangenheit, die ich seinerzeit richtigerweise, aber auch gefühlsmäßig ziemlich zähneknirschend hinter mich ließ. Die Beschäftigung mit Filmen, die vom Journalismus handelten, erlaubten es mir, mit meiner „Ex-Profession“ in Verbindung zu bleiben.
journalistenfilme.de war mein Journalismus light. Wobei ich für einige Filmbesprechungen wohl umfassender und unbezahlter recherchierte als für so manche Geschichte im journalistischen „Real Life“ zuvor. Das kam an. Sowohl bei euch, den Leser:innen, als auch bei der Kritik. Gerade in den Anfangsjahren kam das eine oder andere Medium auf mich zu, um mich zu interviewen. Der Bildblog hatte mehrfach auf mich aufmerksam gemacht. journalistenfilme.de wurde zu einer Visitenkarte.
Conent-Kassensturz nach zehn Jahren journalistenfilme.de
Eine, die sich in meinen Augen sehen lassen kann. Ich bin kein Mensch, der erbrachte Leistungen wie eine Monstranz vor sich herträgt. Aber wenn ich Content-Kassensturz betreibe, kommt doch einiges zusammen:
- Rund 300 Filmbesprechungen, von denen ich die allermeisten noch heute unterschreibe, in denen auch inhaltlich eine Menge steckt, von dem ich manchmal erstaunt bin, dass ich es mal wusste. Dazu etliche Specials und Abstecher in die Welt der Comics, Videospiele und sogar Brettspiele. Vergleichbares findet man im deutschsprachigen Netz nicht. Ich kann mit Fug und Recht behaupten: journalistenfilme.de ist das zentrale Sammelsurium, wenn es um die mediale Verarbeitung von Journalismus im Film geht.
- Über 40 Podcast-Aufnahmen mit fast ausnahmslos sympathischen Gästen, von denen einige zu Freunden wurden, mit denen man sich zwar nicht jeden Tag austauscht, aber doch über die Jahre mehr oder weniger Kontakt gehalten hat – allen voran Dobrila, Christian und Thomas, die ich wegen ihrer mehrfachen Teilnahmen gedanklich wie im Herzen zur Ehrenredaktion dieses Blogs zähle. (Sorry, David, dich kenne ich viel zu lange, um dich in diese Aufzählung zu inkludieren :-*)
- Darunter waren einige sehr aufwändige, aber tolle Nummern: Etwa das Feature mit Kriegsreporterin Düzen Tekkal, der Hunter S. Thompson-Marathon mit Tom Noga, der Besuch bei Schtonk!-Drehbuchautor Ulrich Limmer in München, der Deep Talk mit Jürgen Kalwa zur Causa Lance Armstrong oder die zwei Ausgaben mit CORRECTIV.
- Und dann ist da ja noch mein Buch, das ich in der von Christian Genzel und mir gegründeten Edition Popkultur veröffentlicht habe: SCOOPS, SKANDALE, SENSATIONEN – 50 Journalistenfilme von Almost Famous bis Zodiac war so etwas wie eine Zwischenbilanz nach 5 Jahren journalistenfilme.de.
Vom „Krisengewinner“ zum „Blog am Bein“
Zur Wahrheit gehört auch: Vieles von dem konnte ich machen, weil zwischenzeitlich die Welt stillstand. Im Herbst 2019 traf ich die Entscheidung, einen zweiten Run als freier Journalist und Texter hinzulegen. Bestes Timing. Welches ich nicht bereut habe. Dennoch: journalistenfilme.de war in den Hardcore-Monaten mein Rettungsanker, als sämtliche Aufträge, die ich mir für meinen Start in die Freiberuflichkeit zurechtgelegt habe, durch Corona auf Eis lagen oder vollends im Orkus der Pandemie verschluckt wurden.
Man könnte sagen, journalistenfilme.de war in dieser Phase auch eine Form des Eskapismus. Unterschwellig war es ein Herzenswunsch, durch eine freiere Zeiteinteilung in der Freiberuflichkeit, mehr Zeit und Muße in den Blog zu buttern, um ihn zu semi-professionalisieren – und ja – auch zu monetarisieren. Letzteres hat gewissermaßen geklappt. Jedoch nicht auf dem ursprünglich angedachten Wege (Traffic! Affiliate Links! Weltherrschaft!).
Der Stoff, aus dem Gesprächsthemen sind
Die Visitenkarte erwies sich letztlich als Öffner für so manche Arbeitstür. Nicht, dass ich mein Nerd-Thema ständig und überall unterbringe (aber wenn es mir gelingt, wie damals für den Verband Deutscher Sportjournalisten, freut mich das sehr). Vielmehr hat mir der Blog einige Aufträge eingebracht, indem sich Auftraggeber:innen über diesen Teil meines Portfolios ein authentisches Bild meiner unverfälschten Schreibstimme machen konnten. An dieser Stelle ist ein besonders herzlicher Gruß an „Edelfan“ Valerie fällig (und ein Hinweis auf ihren tollen Gastbeitrag zur Serie Inventing Anna, der ein echter Traffic-Magnet ist – ich müsste eigentlich mehr Serien besprechen. Falls jemand Lust auf ein Spin-off hat: journalistenserien.de hätte Potenzial. Aber ich schweife ab …).
Bis heute ist journalistenfilme.de ein Gesprächsthema, wenn ich jemanden kennenlerne, die oder der mich vorab gegoogelt hat. Selbst wenn das eigentliche Thema für mein Gegenüber uninteressant sein mag, bleibt zumindest ein gewisser Eindruck hängen. Die Frage: „Wie viele Menschen stecken eigentlich hinter journalistenfilme.de?“ ringt mir dann doch die Gewissheit ab, dass ich über die Jahre ganz schönen Aufwand betrieben habe.

Worum journalistenfilme.de eine Soloveranstaltung ist
Bis heute ist journalistenfilme.de eine One-Man-Show geblieben. Nicht, weil ich keine weiteren Schreibstimmen neben mir erdulde. Sondern weil ich weiß, wie viel Arbeit eine fundierte und in diesem Fall sehr spezielle Filmkritik, die nicht nur beschreibt, sondern einen Transfer in die echte Welt leistet, tatsächlich bedeutet. Und weil ich als Freiberufler in der Medienwelt nichts so sehr verabscheue wie Gratismentalität.
Ich habe schlichtweg Skrupel, die Hand für Content aufzuhalten, ohne eine angemessene monetäre Gegenleistung bieten zu können. Hierfür trägt sich journalistenfilme.de selbst nicht genug – im Gegenteil, selbst wenn ich die gelegentlichen Auftragsarbeiten im filmjournalistischen Bereich hinzurechne (der gewiss nicht zu meinem Brot und Butter-Segment zählt) erweist sich der Blog mit Web- und Podcast-Hosting und den Anschaffungskosten für schwer erhältliche Schinken oder obskure Streifen als ein Groschengrab.
Aufs und Abs in der Frequenz der Beiträge
Dies war und ist die Sollbruchstelle, an der sich das Schicksal von journalistenfilme.de zwei, drei Mal in eine andere Richtung hätte entwickeln können. Dann würde ich diese Gedanken zum bevorstehenden Geburtstag nicht aufschreiben. Langjährige Leser:innen haben es mitbekommen. Es gab in der Vergangenheit immer wieder längere Phasen, in denen andere Dinge vorgingen und der Blog richtig brach lag. Zuletzt war 2024 ein sehr schwaches Jahr.
Für eine regelmäßige Veröffentlichungsstrategie, die auf ein Wachstum zielt (oder zumindest auf den Output der Podcast-Jahre 2022/2021) fehlt mir eigentlich die Zeit, da die Auftragsbücher glücklicherweise gut gefüllt sind. Hinzu kam eine gewisse Schreib- und Filmmüdigkeit, was Journalistenfilme betrifft. Ich hatte zwischenzeitlich das Gefühl, alles Wichtige zu diesem Thema gesagt zu haben und lediglich eine innere Chronistenplicht zu erfüllen. Ich dachte daran, den Blog einzustellen.
Die gute Nachricht: Das Geburtstagsprogramm steht
Keine guten Vorrausetzungen fürs Jubiläumsjahr. Die gute Nachricht: Tatsächlich kehrte gegen Ende des vergangenen Jahres unverhofft die Lust am Bloggen und an der Sichtung von Journalistenfilmen zurück.
Was geholfen hat, war mal wieder die Rückbesinnung auf die Highlights des Genres.
Zwischenzeitlich hatte ich zu viele Gurken geschaut, um Material für schnelle Reviews zu sammeln. Aber a) liefern die einfach nicht genügend Futter, um wirklich etwas Substanzielles zu schreiben (wenngleich ein schöner Verriss hin und wieder Spaß bereitet) und b) tendiere ich dazu, auch bei nichtssagenden Filmen in die wahren Hintergründe hinabzusteigen, wodurch die Besprechungen doch wieder umfangreicher werden als gedacht.
So kommt es, dass ich mich entschlossen habe, den 10. Geburtstag von journalistenfilme.de zu feiern. Die „Feierlichkeiten“ richten sich an der Erkenntnis aus, dass das Blogger-Dasein zu schade ist für zu viele schlechte Filme. Deshalb werde ich in den kommenden Monaten zehn Filme besprechen, die in meinen Augen zu den größten Versäumnissen auf dem Blog gehören.
Zehn Jahre, zehn Klassiker, zehn Longform-Reviews
Und zwar in einer Weise, die mir in den vergangenen 10 Jahren am meisten Spaß gemacht hat: In Longform-Reviews, die möglichst viele Aspekte abdecken und mich tief in die Materie abtauchen lassen – von der Darstellung der journalistischen Arbeit über die Produktionsgeschichte und die Einbettung ins Genre bis hin, sofern vorhanden, zu den Hintergründen wahrer Begebenheiten.
Back to the roots sozusagen. Gerne lade ich euch, liebe Leser:innen, ein, mir auf diesem Streifzug durch die Geschichte des Genres zu folgen. Gleichzeitig schließe ich mit diesen zehn Filmen einige elementare Lücken – so dass ich am Ende des Jubiläumsjahres sagen kann: der Blog bildet nach zehn Jahren nicht alle Filme zum Thema ab (das wird er nie schaffen), aber doch die wichtigsten Eckpfeiler des Genres.
Für weitere zehn Jahre gibt es (noch) keine Pläne
Denn anders als bei früheren „Reboots“ schmiede ich keine großen Pläne für die Zukunft von journalistenfilme.de. Es kann sein, dass das Feuer doch nochmal übergreift und ich die eine oder andere Idee umsetze, die dem Blog neue Impulse verleiht. Genauso gut kann es aber auch sein, dass das zehnte Jahr von journalistenfilme.de zur Abschiedstournee gerät. Mit zehn tollen Klassikern, auf die ich mich schon lange freue. Es wäre ein würdiger Abbinder.
Bevor die Wehmut früher einsetzt, als sie eigentlich sollte – hier die Vorschau aufs Geburtstagsprogramm. Grob geplant ist eine Veröffentlichung von Monat zu Monat, ohne feste Reihenfolge, wobei ich mir den Film fürs Finale noch offenhalte – hängt ein bisschen davon ab, ob das, was ich mir ausmale, auch organisatorisch umsetzbar ist.
- Das Leben ist schön
- Reds
- Extrablatt
- Reporter des Satans
- Kennwort 777
- Der Auslandskorrespondent
- Tabu der Gerechten
- Sein Mädchen für besondere Fälle
- Dein Schicksal in meiner Hand
- ???
In diesem Sinne: Packt schon mal die Tröten aus!
Auf welchen Film freut ihr euch besonders? Welcher Film fehlt euch bisher noch im Blog und sollte dringend besprochen werden? Verratet mir es in den Kommentaren!
COMMENTS
Große Liebe für ACE IN THE HOLE und THE FRONT PAGE! (Und natürlich alles Gute zum Zehnjährigen 😉)
Hi André,
ich freu’ mich drauf – und ganz lieben Dank für die Glückwünsche!
Lieber Patrick,
herzlichen Glückwunsch zum 10-jährigen und ich hoffe natürlich, dass es weitergeht und du dranbleibst! Ich lese deine Artikel zu Filmen so gerne und freu mich über die Auszeichnung “Edelfan” :). Inventing Anna für Journalistenfilme zu schreiben, hat super Spaß gemacht.
Gerade schaue ich eine neue Serie auf Netflix “Apple Cider Vinegar”. Es geht auch wieder um Betrug, am Rande gibt es zwei Journalisten die dazu recherchieren (einer ist persönlich betroffen) und es ist eine wahre Geschichte. Journalistenserien.de hat also wirklich Potenzial. Wenn du also Unterstützung brauchst, du weißt wo du mich findest.
Nicht nur aus Eigennutz, weil ich so gerne bei dir lese, wünsche ich mir das Journalistenfilme weitergeht. Auf der anderen Seite weiß ich, dass es oftmals schwerfällt dranzubleiben – vor allem bei allem was gerade noch so passiert.
Dein Blog ist einzigartig und oftmals reicht es ja schon die Schlagzahl etwas zu senken, damit die Freude bleibt.
Liebe Grüße
vom Edelfan