HomeJournalistenfilme

Die besten Journalistenfilme: Zehn Geheimtipps für den nächsten Filmeabend

Die Unbestechlichen, Spotlight, The Insider – die Klassiker kennt jeder. Hier sind zehn Geheimtipps unter den Journalistenfilmen.

Sieben empfehlenswerte Journalistenfilme für Kinder
Die besten Journalistenfilme aller Zeiten
Journalistenfilme bei Netflix

Die Unbestechlichen, Spotlight, The Insider – die Klassiker kennt jeder. Hier sind zehn Geheimtipps unter den Journalistenfilmen.

Text: Patrick Torma. Bildmaterial: jeweilige Rechteinhaber.

A Taxi Driver. Bild: Showbox Entertainment.
A Taxi Driver. Bild: Showbox Entertainment.

Geheimtipp Nr. 1: A Taxi Driver (2017)

Was? Taxifahrer Kim glaubt, den Fang des Tages eingeholt zu haben, als er auf den Straßen Seouls den Deutschen Peter aufliest. Was Kim noch nicht ahnt: Peter ist Journalist und an den Protesten in der Universitätsstadt Gwangju interessiert. Wir schreiben das Jahr 1980 und es gärt im autokratisch regierten Südkorea. Das ungleiche Duo schlittert in eine Gemengelage, die schon bald eskaliert. Das Militär zerschlägt die Demonstrationen mit äußerster Gewalt. Die Ereignisse im Mai 1980 gehen als „Massaker von Gwangju“ in die Geschichtsbücher ein.

Wer? Song Kang-ho (Parasite) spielt den titelgebenden Taxifahrer, Thomas Kretschmann (Der Untergang) den Journalisten Peter. Beide basieren auf echten Persönlichkeiten. Peter ist dem ARD-Korrespondenten Jürgen Hinzpeter nachempfunden. Der Reporter gilt in Südkorea als Volksheld, da seine Aufnahmen vom Massaker, die er unter hohem Risiko außer Landes schmuggelte, später einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung im Zuge der Demokratieprozesse leisteten. Zeitlebens reichte Hinzpeter die Ehre an seinen Fahrer namens Sa-bok weiter. Ohne ihn wäre es ihm nicht möglich gewesen, die entscheidenden Bilder zu sichern.

Warum? Der Film war in seiner Heimat ein Mega-Erfolg, auch weil er – nicht zuletzt mit Blick auf die aktuellen politischen Entwicklungen – an die Opfer erinnert, die der Kampf für ein demokratisch-freiheitliches Südkorea erforderte. Auf der dramaturgischen Ebene nimmt sich A Taxi Driver viele Freiheiten, um eine mitreißende Geschichte zu erzählen, ohne jedoch die historischen Fakten zu verdrehen. Eine lehrreiche Geschichtsstunde verpackt in einem emotionalen Film über Freundschaft und Verständigung. Und natürlich ein Plädoyer für mutigen Journalismus.

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: Herrlich historisch inkorrekt: A Taxi Driver (2017).

A Taxi Driver auf amazon (Affiliate-Link).


Die Sehnsucht der Veronika Voss. Bild: Studiocanal.
Die Sehnsucht der Veronika Voss. Bild: Studiocanal.

Geheimtipp Nr. 2: Die Sehnsucht der Veronika Voss (1982)

Was? Eines Nachts begegnet der frustrierte Sportreporter Robert Krohn dem ehemaligen UFA-Starlet Veronika Voss. Er ist von ihrer mysteriösen Aura fasziniert, sie benötigt dringend Hilfe. Denn die Voss lebt in einer Nervenheilanstalt. Ihre behandelnde Ärztin hat sie in die Drogenabhängigkeit getrieben. Oder stellt sich alles ganz anders dar? Krohn nimmt die Recherchen auf, um die Notlage seiner neuen Flamme zu ergründen.

Wer? Für Die Sehnsucht der Veronika Voss ließ sich der deutsche Kult-Regisseur Rainer Werner Fassbinder von der Biografie seiner Lieblingsschauspielerin Sybille Schmitz inspirieren. Schmitz bekam nach anfänglichen Kinoerfolgen zu Beginn der 1930er-Jahre schließlich im Dritten Reich Probleme, auf den Besetzungslisten zu landen. Das Propagandaministerium der Nazis befand die brünette Darstellerin als nicht „arisch“ genug. In ihren letzten Jahren ihres kurzen Lebens (die Schauspielerin starb 1955 im Alter von nur 45 Jahren) wurde Schmitz von einer Münchener Medizinerin süchtig gemacht und regelrecht ausgenommen.

Warum? Ein Sportreporter wird zum Investigativjournalisten – und muss zwangsläufig scheitern. Die Sehnsucht der Veronika Voss ist ein unheimlich dichter, zum Teil rätselhafter Film Noir, entstanden in einer künstlerischen Hochphase des deutschen Kinos, der sich an Vorbilder wie Billy Wilders Boulevard der Dämmerung anschmiegt, ohne diese nachzuäffen. Dafür ist der Film zu sehr mit „deutschen“ Themen durchsetzt: Über dem Film lastet die Unfähigkeit der Bonner Republik, der nationalsozialistischen Vergangenheit angemessen zu begegnen.

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: No country for old sports writer: Die Sehnsucht der Veronika Voss (1982).
Die Sehnsucht der Veronika Voss auf amazon (Affiliate-Link).

Der Reporter. Bild: Universal.
Der Reporter. Bild: Universal.

Geheimtipp Nr. 3: Der Reporter (1992)

Was? Seine Bewunderer nennen ihn den „großen Bernzini“, für die Polizisten und Feuerwehrleute auf den Straßen Manhattans ist er eine ungeliebte „Blitzlichtratte“ – ein früher Blaulichtreporter (wir befinden uns in den 1940er-Jahren). Mit der penetranten Eigenart, dass Leon Bernstein meist vor den Einsatzkräften am Tat- oder Brandort eintrifft, um besonders einträchtige Sensationsbilder zu knipsen. Jedes Mittel ist ihm recht. Bis der hartgesottene Straßenfotograf auf die Nachtclubbesitzerin Kay trifft. Von ihr angezogen, reißt es ihn in den Sumpf des Verbrechens. Bernstein kann sich fortan nicht mehr hinter seiner Kamera verstecken.

Wer? Joe Pesci (Casino, JFK) passt hervorragend in die Rolle des verschlagenen Fotoreporters, der sich in den moralischen Zwischenräumen am wohlsten fühlt. Seine Figur ist ein Wiedergänger von Arthur „Weegee“ Fellig. Fellig wurde durch seine anrüchig angehauchte Straßenfotografie berühmt und gilt heute als eine Künstler-Ikone.

Warum? Der Reporter atmet den zynischen Geist der Zeitungsfilme der 1930er- und 1940er-Jahre und transportiert ihn gekonnt die Moderne (die nun auch wieder über 30 Jahre zurückliegt). Mehr Noir-Krimi als Journalistenfilm, erzählt der Streifen eine vertrackte Crime-Story, die an Genreklassiker wie Chinatown erinnert und dabei einige kluge Gedanken über die Fotografie als Medium formuliert. Welche Macht haben Bilder? Wie steht es um ihre Wahrhaftigkeit? Und wie lassen sie sich – personifiziert in der Figur des Leon Bernstein – instrumentalisieren? Ein spannender und anspruchsvoller Film, der Aufmerksamkeit erfordert.

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: Weegees Wiedergänger: Leon Bernstein in Der Reporter (1992).
Der Reporter auf amazon (Affiliate-Link).

Holy Spider. Bild: Almode Film.
Holy Spider. Bild: Almode Film.

Geheimtipp Nr. 4: Holy Spider (2022)

Was? Ein Frauenmörder treibt in den Straßen der iranischen Metropole Maschhad sein Unwesen. Seine Opfer, bevorzugt Sexarbeiterinnen, drapiert er an öffentlichen Orten, denn er sucht bewusst den Applaus der religiös-konservativen Standesgesellschaft. Die Journalistin Rahimi geht der Mordspur nach – die Behörden haben offensichtlich wenig Lust, den Killer zu stoppen.

Wer? Holy Spider ist eine Abrechnung des Exil-Iraners Ali Abbasi, für den der Film die Eintrittskarte nach Hollywood bedeutete. Zuletzt inszenierte er das sehenswerte Trump-Biopic The Apprentice. Dass der Film unter die Haut geht, dafür sorgen die beeindruckenden Performances von Zar Amir Ebrahimi (als mutig ermittelnde Journalistin) und Mehdi Bajestani (in der Rolle des beängstigenden Spinnenmörders).

Warum? Holy Spider gehört zu den unbequemsten Seherlebnissen, die ich in den vergangenen Jahren im Kinosessel durchgestanden habe. Abbasi zwingt uns Bilder auf, die das Hinsehen unerträglich machen. Doch Wegsehen ist ebenso wenig eine Option. Denn das tun andere bereits. Holy Spider inszeniert die religiöse Hochburg Maschhad und den Iran ganz allgemein als fatale No-Go-Area fürs weibliche Geschlecht. Die „Frau, Leben, Freiheit-Proteste“, die sich zum Zeitpunkt des Erscheinens in dem Land erhoben, konnte der Film freilich nicht absehen.

Hälfte eins wirkt wie eine persische Version von Sieben, mit einem erschreckenden Realismus am Revers – sowohl was die Bilder, als auch den Hintergrund betrifft. Die Mordserie fußt auf wahren Ereignissen. In der zweiten Hälfte flirrt Holy Spider etwas unentschieden zwischen Gerichtsdrama, Medienfilm und bitterbösem Gesellschaftsspiegel umher. Was die Wucht aber nicht schmälert. Ein Film, den man womöglich nur einmal schaut, dennoch nicht mehr vergisst.

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: Im Netz der Fanatiker: Holy Spider (2022).
Holy Spider auf amazon (Affiliate-Link).

Kabul Express. Bild: Yash Rai Films.
Kabul Express. Bild: Yash Rai Films.

Geheimtipp Nr. 5: Kabul Express (2006)

Was? Die indischen Reporter Suhel und Jai sind in Afghanistan unterwegs, um ein Interview mit den Taliban zu ergattern. Ohne echte Vorbereitung stolpern sie arglos von einer Situation in die nächste. Plötzlich wird ihr Auto von einer Person in einer Burka angehalten. Der afghanische Fahrer möchte weiterfahren, doch Suhel und Jai insistieren. Hätten sie mal auf ihren Guide gehört: Unter dem Gewand steckt ein pakistanischer Taliban-Kämpfer, der sich nun eine Fahrt an die Grenze erpresst. Und als ob die Konstellation nicht schon kompliziert genug wäre, steigt einige Meilen weiter eine US-amerikanische Reporterin ins Gefährt. 

Wer? Kabul Express ist das Spielfilmdebüt von Kabir Khan. Der indische Regisseur kennt Afghanistan aus seinem früheren Leben als Dokumentarfilmer. Die Faszination für Land und Leute ist greifbar, nicht zuletzt in den atemberaubenden Aufnahmen echter afghanischer Wüsten- und Gebirgslandschaften.

Warum? Kabul Express drückt mit seinem Mix aus Abenteuerfilm, Drama und Komödie ganz schön aufs Gas, ohne zu überdrehen. Tatsächlich schafft es der Film, die explosive Gemengelage in dem Vielvölkerstaat auf den Raum einer Fahrgastzelle zu verdichten. In diversen Zwischenstopps nimmt sich Kabul Express die Ruhe, auf die prekäre Situation einzelner Bevölkerungsgruppen hinzuweisen.

 Auf der Metaebene landet der Film zwar bei den üblichen Themen des Krisenkinos, verhandelt journalistisch-ethische Fragen aber – auch aufgrund der diffusen Fronten im Afghanistan-Krieg – universeller. Kabul Express ist kein perfekter Film. Manche Verkürzung wird der Komplexität des Konflikts dann doch nicht gerecht und auch die Rolle der US-Reporterin ist unglücklich ausgekleidet. Dennoch: Absolute Sehempfehlung, weil der Ansatz für einen Kriegsreporterfilm ein ungewöhnlicher ist. 

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: Journalistisches Roadmovie durch Afghanistan: Kabul Express (2006).
Kabul Express auf amazon (Affiliate-Link).

Live aus Peepli. Bild: Alive!
Live aus Peepli. Bild: Alive!

Geheimtipp Nr. 6: Live aus Peepli (2010)

Was? Nochmal indisches Kino. Die Brüder Natha und Budhia fristen mit der Familie ein karges Bauernleben. Nun kann Natha die Raten seines Kredites nicht mehr bedienen. Bei einem Joint kommt Budhia eine Idee: Man könnte doch von diesem neuen Regierungsprogramm profitieren. Das sieht Kompensationszahlungen für die Hinterbliebenen von Kleinbauern vor – Natha müsste dafür „lediglich“ Suizid begehen. Der willigt nicht wirklich ein, und doch ist die Geschichte – einem Lokalreporter sei Dank – in der Welt. Bald schon findet sich der Medienzirkus in der indischen Provinz ein.

Wer? Der Film ist das Spielfilmdebüt von Regisseurin Anusha Rizvi, die ihre eigenen Erfahrungen als Journalistin in das Drehbuch einfließen ließ. Der Aufhänger – der Suizid als staatlich subventionierter Ausweg – ist fiktiv, der Hintergrund jedoch sehr real. Die Selbstmordrate unter Bauern ist in Indien seit den 1990er-Jahren sehr hoch.

Warum? Live aus Peepli ist eine bitterböse Satire, die die Medien aufs Korn nimmt. Wenn die absurden Mechanismen der Sensationsberichterstattung auf das entrückte Dörflein Peepli treffen, ist das herrlich absurd. Worum es bei diesem Theater eigentlich geht, ist schon nach wenigen Live-Schalten vergessen. Darüber hinaus werden weitere Probleme thematisiert: etwa der gefährliche Kungel mit der Politik, Korruption im Kastensystem, Landflucht und die Folgen für die Urbanisierung in dem Milliardenstaat. Dieser Rundumblick auf indische Befindlichkeiten macht diesen Film – über die Groteske hinaus – so reizvoll.

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: Peepli Live (2010): Medienzirkus in der indischen Provinz.
Live aus Peepli auf amazon (Affiliate-Link).

Intolerance. Bild: Star Sands
Intolerance. Bild: Star Sands.

Geheimtipp Nr.7: Intolerance (2021)

Was? Wieder fallen die Medien ein, diesmal in ein japanisches Örtchen. Dieses Mal ist der Blick weniger satirisch, sondern unversöhnlicher. Der Wanderzirkus mutiert zum Schwarm gefräßiger Heuschrecken, die sich vom Leid anderer ernähren. Supermarktbesitzer Naoto erwischt die Schülerin Kanon beim Ladendiebstahl. Er zerrt sie ins Büro, kurz darauf stürmt sie aus dem Laden und läuft vor ein Auto. Der Tod des Mädchens schockiert die Stadt. Vater Mitsuru weiß sich in seiner Trauer nicht anders zu helfen, als in die Wut zu flüchten. Getroffen vom medialen Dauerfeuer beginnt er eine Fehde mit Filialleiter Naoto.   

Wer? Regisseur Keisuke Yoshida setzt auf starke Darstellerleistungen – allen voran Arata Furuta hinterlässt als von Verzweiflung zerfressener, überforderter Vater bleibenden Eindruck. Tori Matsuzaka spielt den undurchsichtigen Filialleiter, von dem wir nie wissen, ob er sich „japanisch korrekt“ bedeckt hält oder doch mehr zu verbergen hat. Matsuzaka spielt in einem weiteren Film mit, den man guten Gewissens in einer solchen Liste präsentieren könnte: The Journalist hatte in Japan einen ähnlichen Impact wie Spotlight in den USA.

Warum? Beispiele für Filme, in denen Menschen medial unter die Räder kommen, gibt es viele. Die Presse mag sich noch so ehrabschneidend verhalten, am Ende gibt es zumindest irgendeine Form der Katharsis. Intolerance dagegen lässt uns nicht vom Haken. Es gibt keine Aufarbeitung, kein Happyend – die Medien ziehen nach getaner Arbeit an den nächsten tragischen Schauplatz und machen weiter wie bisher. Zurück bleiben die Menschen mit ihren Traumata.

Hörtipp: Intolerance bei SchönerDenken

Warum das Ganze gar nicht so abwegig ist, darüber habe ich mit dem lieben Thomas Laufersweiler im Podcast SchönerDenken gesprochen. Zurück zum Film: Der besticht, wie Live aus Peepli, auch dadurch, dass er über die reine Medienkritik hinausgeht. Viele universelle Themen, aber auch japanische Eigenheiten schwingen mit. Ein Film, der zum Nachdenken anregt und den Horizont erweitert.  

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: Die Presse als Wanderheuschrecke: Intolerance (Japan, 2021).

Schmutziger Lorbeer. Bild: Sony.
Schmutziger Lorbeer. Bild: Sony.

Geheimtipp Nr. 8: Schmutziger Lorbeer (1956)

Was? Eddie Willis ist ein renommierter Sportjournalist – und arbeitslos. Ein windiger Box-Promoter wittert die Chance, die Edelfeder für seine Öffentlichkeitsarbeit zu gewinnen. Willis nimmt den Job widerwillig, aber mangels lukrativer Alternativen in der darbenden Zeitungslandschaft an. Seine Aufgabe: Er soll den argentinischen Newcomer El Toro hochjazzen. Der sieht zwar angsteinflößend aus, ist aber ansonsten ziemlich talentfrei. Willis Integrität steht auf dem Spiel.

Wer? In der Rolle des knurrigen Seitenwechslers ist kein Geringerer als Humphrey Bogart zu sehen. In seinem letzten Kinofilm, bevor er 1957 verstarb. Mit Die Maske runter (Deadline U.S.A.) hat Bogart einen echten Journalistenfilm-Klassiker auf dem Kerbholz. Schmutziger Lorbeer mag dagegen in Vergessenheit geraten sein, muss sich aber keineswegs verstecken.

Warum? Vordergründig ist Schmutziger Lorbeer – der auf wahren Begebenheiten fußt – ein spannender Film Noir über die Korruption im Boxsport, mit der PR als Femme fatale, wenn man(n) so will. Protagonist Willis bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen Journalismus und Pressearbeit, das sich gerade in der heutigen Medienwelt, in der immer weniger Journalisten wahren Heerscharen von PR-Managern und Influencern gegenüberstehen, nochmals verdichtet hat.

Schmutziger Lorbeer ist ein Film über prekäre Verhältnisse und Verlockungen in der Branche. Als freier Journalist fühle ich so manches Dilemma total. Umso mehr freue ich mich jedes Mal, wenn der Journalismus am Ende einen Punktsieg einfährt.

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: Punktsieg für den Journalismus: Schmutziger Lorbeer (1956).
Schmutziger Lorbeer auf amazon (Affiliate-Link).

Verlorene Illusionen. Bild: Cinemien.
Verlorene Illusionen. Bild: Cinemien.

Geheimtipp Nr. 9: Verlorene Illusionen (2021)

Was? Paris, irgendwann in den 1840er-Jahren: Lucien Chardon kommt als Sohn eines Apothekers und mit der Gunst der Adeligen Louise in die französische Hauptstadt, um sich als Poet einen Namen zu machen. Aus Imagegründen entscheidet sich seine Gönnerin jedoch kurz nach der Ankunft, ihren „einfachen“ Liebhaber fallenzulassen. Lucien steht plötzlich mittellos da. Ein Meinungsblatt wird für ihn zur Auffangstation – und „die lächerliche Welt der Zeitung“ bald zur Eintrittskarte in den elitären Pariser Zirkel.

Wer? Der dreiteilige Band Verlorene Illusionen zählt zu den berühmtesten Auszügen aus Honoré de Balzacs menschlicher Komödie. Mit spitzer Feder geschrieben, dokumentiert der Zyklus, der über 90 Schriften umfasst, den Zustand der französischen Gesellschaft. Die verfällt nach der großen Revolution wieder in alte, standesgemäße Muster. Regisseur Xavier Giannoli überführt de Balzacs literarische Vorlage in ein intrigenreiches Historienspektakel. 

Warum? Wie schon in Schmutziger Lorbeer, geht es auch in Verlorene Illusionen um die wirtschaftlichen Verflechtungen der Zunft – wobei der Blick kritischer, zynischer ausfällt. Der Journalismus, oder das, was sich als solcher schimpft, ist in diesem Moloch der Nährboden, auf dem Korruption und rücksichtsloser Kapitalismus gedeihen. Eingebettet in einen ausschweifenden Bilderreigen, entfaltet diese Schlangengrube eine zweifelhafte Anziehungskraft. Dabei lassen sich In den Beobachtungen zum Wesen der Presse durchaus Anknüpfungspunkte in die heutige Zeit finden – etwa spielen im Paris des 19. Jahrhunderts bereits Influencertum und Sockenpuppen eine Rolle.

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: Die Presse im Profit-Sumpf: Verlorene Illusionen (2022).
Verlorene Illusionen auf amazon (Affiliate-Link).

Der wunderbare Mr. Rogers (2019). Bild: Sony.
Der wunderbare Mr. Rogers (2019). Bild: Sony.

Geheimtipp Nr. 10: Der wunderbare Mr. Rogers (2019)

Was? Nach diesem ernüchternden Blick gibt es zum Abschluss dieser Liste nochmal etwas fürs Herz. Der Journalist Lloyd ist berüchtigt dafür, seine Interviewpartner zu „grillen“. Für eine Sonderausgabe zum Thema „Amerikanische Helden“ soll er ein Porträt über Fred Rogers schreiben – der ist als langjähriger Moderator der beliebten Kindersendung Mr. Rogers‘ Neighborhood so etwas wie der TV-Großvater der Nation.

Entgegen der Ansagen aus der Chefredaktion geht Lloyd das Interview an, wie er‘s gewohnt ist: überkritisch. Doch sein renitent-investigativer Stil perlt am stets zuvorkommenden Mr. Rogers einfach ab. Was ihn umso mehr anspornt: Mit aller Macht versucht der Reporter, hinter die Fassade einer vermeintlichen Kunstfigur zu blicken. Doch es ist Lloyd, der erkennen muss, dass er sich hinter einer harten Schale versteckt …

Wer? In dem Feelgood-Drama von Regisseurin Marielle Heller gibt Tom Hanks (Die Verlegerin), der dem echten Fred Rogers beängstigend nahekommt, einen herzensguten Prellbock ab. Matthew Rhys (Tabloid – Gefährliche Enthüllungen) muss sich zwangsläufig wandeln – der Skeptiker vom Dienst wechselt ins Human-Interest-Fach.

Warum? Ja, es braucht kritischen Journalismus. Manchmal darf es aber auch „nur“ menscheln. Selbst wenn der Ausgang der Geschichte vorhersehbar ist: Der wunderbare Mr. Rogers serviert Eskapismus fürs Herz. Es geht zurück in die USA vor dem 11. September, als das Klima weniger vergiftet und die gesellschaftlichen Gräben noch überwindbar schienen. Ebenfalls herrlich nostalgisch ist die Introsequenz, in der Mr. Rogers – ganz im Stile seiner Sendung – die Entstehung eines Magazins zelebriert. Ein Film für jene Tage, an denen alles doof erscheint.

Ausführliche Besprechung auf journalistenfilme.de: Ein Herz für mürrische Journalisten: Der wunderbare Mr. Rogers (2019).
Der wunderbare Mr. Rogers auf amazon (Affiliate-Link).

Welche Geheimtipps fallen Dir noch ein? Schreib’s mir in die Kommentare.

Du hast Nachholbedarf, was die Klassiker betrifft? Hier sind meine persönlichen besten Journalistenfilme aller Zeiten.

COMMENTS

WORDPRESS: 0
DISQUS: 0