Demütigt verlässt Sportjournalistin Julia das Stadion ihres Herzensvereins. Soeben hat sie den geballten Sexismus ihrer Kollegen erfahren.
Demütigt verlässt Sportjournalistin Julia das Stadion ihres Herzensvereins. Soeben hat sie den geballten Sexismus ihrer Kollegen erfahren.
Die Begegnung mit einem Jugendhelden lässt sie neuen Mut schöpfen … Drehbuchautorin Julie Welch reflektiert in Those Glory Glory Days ihre Anfänge als Sportberichterstatterin. Vor allem aber erzählt der semi-biographische TV-Film eine liebevolle Coming of Age-Geschichte.
Text: Patrick Torma. Bildmaterial: Trinity Home Entertainment.
Eine Pressetribüne in England, Anfang der 1980er-Jahre. Ihre Premiere als Fußballreporterin an der White Hart Lane, altehrwürdige Spielstätte der Tottenham Hotspurs, hat sich Julia anders ausgemalt. Als gestandene Journalistin hat sie unter anderem vom Falklandkrieg der Briten berichtet; sie weiß, wie es ist, unter schwierigen Bedingungen zu arbeiten. Jetzt, kurz vor Spielende, gelingt es ihr nicht, ihre Zeilen an die Redaktion zu übermitteln. Um sie herum – Julia ist weit und breit die einzige Frau – telefonieren die Kollegen fieberhaft. Ausgerechnet der Apparat an ihrem Platz versagt seinen Dienst. Vergeblich versucht sie, andere Journalisten auf ihre Notlage aufmerksam zu machen, doch niemand nimmt von ihr Notiz.
Lediglich ihr Sitznachbar schwallert auf sie ein: Er glaubt, Julias augenscheinliche Unruhe liege darin begründet, dass sie vom hektischen Geschehen auf dem Platz überfordert sei. Die Spurs bekommen in den Schlussminuten einen Elfmeter zugesprochen und der Kollege meint allen Ernstes, der Debütantin das Konzept eines Strafstoßes erklären zu müssen. Mansplaining at it’s worst. Der Presseconcierge schaut belustigt zu, wie Julia endgültig genug hat und über die Köpfe der anderen Reporter hinweg klettert, um sich im Bauch des Stadions ein Münztelefon zu suchen.
Mansplaining und andere Herablassungen im Stadion
Das Maß der Erniedrigungen ist voll, als sie den Pressebereich aufsucht. Hinter einer Tür mit der Aufschrift „press“ verbirgt sich eine Herrentoilette. Eine Schar Reporter steht am Urinal und johlt beim Anblick der verdatterten Julia. Mit gesenktem Haupt verlässt sie das Stadion. Für den Moment scheint es, als wäre dies ihr erster und letzter Auftritt als Fußballreporterin gewesen. Sie möchte nur noch weg von hier. Ihr Selbstbewusstsein ist ramponiert. Die Tatsache, dass es ihr nicht mal gelingt, ein Taxi heranzuwinken, macht es nicht besser.
Als sie nach mehreren Anläufen doch noch eine Mitfahrgelegenheit erwischt, staunt Julia nicht schlecht. Am Steuer sitzt „Danny“ Blanchflower, Meisterspieler in der legendären Saison 1960/61, in der Tottenham als erstes britisches Team überhaupt das Double aus Championship und FA Cup gewann. Völlig verblüfft von dieser Begegnung bringt sie kein Wort heraus. Danny ist nämlich ein Held ihrer Jugend, der sie überhaupt erst mit inspiriert hat, über das runde Leder zu berichten. Letzteres ist uns noch nicht ganz klar, weil der Film an dieser Stelle zurück durch die Zeit reist, in ebenjene magische Saison, die für Julia eine ganz besondere Bedeutung hat.
Aus Liebe zum Fußball: Vor Fever Pitch war Those Glory Glory Days
Those Glory Glory Days erzählt im Wesentlichen von einer Mädchenclique und ihrer Liebe zum Fußball. Was klingt wie die feminine Variante von Nick Hornbys späterem Welterfolg Fever Pitch, ist eine charmante Geschichte über das Heranwachsen im Großbritannien der 1960er. Im Mittelpunkt stehen die eskapistischen Tagträumereien der Protagonistinnen, die durch die sportlichen Erfolge ihres Lieblingsteams zu einer schönen Realität werden. Zwar werden auch in der Haupterzählung starre Geschlechterrollen aufgebrochen, anders als in der Gegenwartsklammer bleibt die Diskriminierung von Frauen ein Randthema.
Drehbuchautorin Julie Welch, selbst eine Pionierin des weiblichen Sportjournalismus, war es ein Hauptanliegen, einen Film über die menschliche Begeisterungsfähigkeit zu schreiben. Those Glory Glory Days zelebriert die Leidenschaft für den Fußball, appelliert gleichzeitig an die Bereitschaft, für seine Träume einzustehen. Dabei nimmt dieses Kleinod des britischen Films seine Heldinnen für selbstverständlich – im Jahre 1983 alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
“Do you think I’m daft,
wanting to be a football reporter?”
Bei aller Nostalgie geht schließlich beinahe unter, dass wir zu Beginn mit einem zum Himmel schreienden Sexismus konfrontiert wurden. Nachdem Julias wohlige Erinnerungen abspult sind, erscheint die Welt nicht mehr so feindlich wie noch vor 80 Minuten. Es rattert in der Journalistin. „Do you think I’m daft, wanting to be a football reporter?“, fragt sie ihren berühmten Chauffeur. „Well, I think you are a bit daft, yes“, leitet Danny sein väterliches Schlussplädoyer sein. „But you’ve got to be a bit daft sometimes, if you want to change things. You’ve got to fight for your place – if you want to get into the team.“
Dieser verbale Klaps ist gut gemeint, klingt aber aus dem Mund eines gemachten Manns schief. Der Konkurrenzkampf innerhalb einer Mannschaft ist etwas ganz anderes als die gesellschaftliche Marginalisierung von Frauen. Für Julia ist’s der Ruck, den sie gebraucht hat, um neuen Mutes den Nachmittagsdienst in der Redaktion aufzunehmen. Im Taumel der Reminiszenzen lässt Those Glory Glory Days die unkollegiale Pressemeute aus der Anfangssequenz viel zu leicht vom Haken.
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