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Klunker-Hatz über den Wolken: Bombay Clipper (1942)

Indien-Korrespondent Jim Montgomery Wilson soll einen letzten Auftrag ausführen, bevor er in die Staaten zurückkehrt.

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Indien-Korrespondent Jim Montgomery Wilson soll einen letzten Auftrag ausführen, bevor er in die Staaten zurückkehrt.

An Bord eines Flugbootes geht er dem Verbleib diplomatisch bedeutsamer Edelsteine auf den Grund. Das Flugzeug ist das Starvehikel in der Crime-Mystery Bombay Clipper.

Text: Patrick Torma. Bildmaterial: Universal.

Für eine gute Geschichte tritt Jim Montogomery Wilson (William Gargan) Türen ein. Zögern gehört für den in Indien stationierten Auslandsreporter nicht zum Repertoire. Auch jetzt nicht: Der Liebe wegen macht Jim mit seiner Karriere kurzen Prozess. Eigentlich wollten seine Verlobte und er längst verheiratet sein. Doch weil der Journalist jedoch ständig durch die Weltgeschichte tingelt, ist der Bund der Ehe noch nicht unter Dach und Dach. Nun droht seine Beinahe-Angetraute Frankie (Irene Hervey), ohne ihn in die USA zurückzukehren. Da haut Jim ganz spontan in den Sack – er will seiner Herzensdame folgen und in San Francisco sesshaft werden.

Sein Verleger ringt Jim noch eine allerletzte Recherche ab, als Anreiz stellt er ihm einen Schreibtischjob in Aussicht. Die Juwelen des Maharadschas sind verschwunden, geschätzter Wert: 4 Millionen US-Dollar. Jim findet heraus, dass die Klunker außer Landes geschmuggelt werden sollen. Wie es der Zufall will, ausgerechnet mit jenem Flug, den auch seine Zukünftige für ihre Ausreise nutzt. An Bord der Boeing 314 Clipper übernimmt Jim die Ermittlungen. Sehr zum Verdruss von Frankie, die er, kurz nach Abflug, in einer kleinen, spontanen Zeremonie geehelicht hat.

Klassisches Motiv: Der Journalist als Privatermittler

Bombay Clipper ist eine Krimi-Klamotte im Stile von Agathe Cristies Mord im Orient-Express: Eine überschaubare Gruppe von Passagieren wird in die zeitlich begrenzte Isolation geschickt, einer muss der Hehler sein. Dem Ermittler bleibt nur ein gewisses Zeitfenster, um den Verbleib der Diamanten aufzuklären, andernfalls kommt der Dieb mit seiner Beute davon. Diese Rolle übernimmt – für die Hollywood-Ära der 1930er- und 1940er-Jahre klassisch – ein Journalist. Die Story ist mit der Aufklärung des Falles gleichzusetzen, genauso gut könnte Jims Verleger auch einen Privatdetektiv anheuern. In der Art und Weise, wie Jim seine Arbeit angeht, ist jedenfalls kein großer Unterschied zu erkennen.

Die Besetzung verstärkt diesen Eindruck, Hauptdarsteller William Gargan porträtierte im Laufe seiner Karriere eine Reihe von Figuren, die im Ermittler- bzw. Polizeiumfeld angesiedelt waren. Gargan spielt den Auslandskorrespondenten Jim Wilson mit einer schnüfflermäßigen Beharrlichkeit, die kein Nein akzeptiert. Dabei bleibt der Reporter, ganz im Sinne des Hays Code, immer höflich. Er hat aber auch – sieht man von der Tatsache ab, dass es Kräfte gibt, die Jim lieber tot sähen – kaum Grund, grantig durch die Szenerie zu stapfen. Bombay Clipper ist einer dieser Filme, die Journalist*innen hofieren (ein anderes schönes Beispiel ist The Devil Bat mit Hungaro-Gentleman Bela Lugosi): Der Reporter wird als ermittelnde Instanz nicht nur akzeptiert, sondern willkommen geheißen. Jeder steht für ein Interview zur Verfügung, niemand lehnt eine Anfrage ab. Der Rezeptionist rückt ohne schlechtes Gewissen die Hotelzimmer-Nummern der designierten Passagiere heraus.

Der Stolz von Pan Am. Zumindest für einen kurzen Vorkriegszeitraum: Die Boeing 314 Clipper ging 1939 in den Passagier-Betrieb. Während des 2. Weltkrieges wurden die vorhandenen Modelle des Flugbootes in den Militärdienst gestellt.

Bombay Clipper: Nicht nur Reporter-, sondern auch Werbe-Film

So ist es keine Überraschung, dass sich der Journalist am Ende des Tages zum gefeierten Helden aufschwingt. Die Titelseiten renommierter Zeitungen künden von seinem Erfolg. Sogar Frankie verzeiht ihrem Jim. Sie weiß nun, dass sie die Frau an der Seite eines Journalisten sein wird, der sich niemals einbremsen lässt. Sie wird ihn für ein höheres Wohl freigeben müssen.

Bombay Clipper entpuppt sich als durch und durch vorhersehbares Filmchen – diese Verniedlichung drängt sich angesichts der kurzen Laufzeit von 60 Minuten auf –, das nebenbei Werbung für einen Flugzeugtyp macht. Die Boeing 314 Clipper war ein viermotoriges Flugboot und gleichzeitig eines der größten Flugzeuge seiner Zeit – und seit Sommer 1939 im Betrieb für den interkontinentalen Linienflug-Verkehr. Der Film dürfte jedoch keine Auswirkungen auf die Passagierzahlen gehabt haben. Bombay Clipper lief am 6. Februar 1942 in den Kinos an, am 11. Dezember 1941 erklärten die USA – nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor – ihren Eintritt in den Zweiten Weltkrieg, die zwölf Maschinen schwere Clipper-Flotte der amerikanischen Fluggesellschaft Pan Am wurde schon bald in den Militärdienst überführt.

Ein ziviles Comeback nach dem Krieg war von sehr kurzer Dauer. Die Clipper waren so lange im Vorteil, wie es an befestigten Landebahnen mangelte. Der Bomber-Krieg der USA beschleunigte den Ausbau von Flugplätzen und machte Wasserlandungen somit obsolet. Pan Am stellte den Linienflug im Jahr 1946 ein und veräußerte ihre verbliebenen Modelle an ein Airline-Start up, das bis 1950 noch einige Inlandsflüge mit den Flugbooten bediente.

Journalisten machen Werbung für ein Flugzeug – ein ähnliches „Konzept“ verfolgte der Film Airport `80 – Die Concorde. Wie man die Überlegenheit eines Flugzeugs ausgerechnet in einem Katastrophenfilm hervorhebt – mehr dazu in unserem Beitrag.

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