Was schreiben die anderen über Journalistenfilme? Bei der Pressepolka kommt zusammen, was sonst nebenher tanzt: Artikel, Blogbeiträge und sonstiger
Was schreiben die anderen über Journalistenfilme? Bei der Pressepolka kommt zusammen, was sonst nebenher tanzt: Artikel, Blogbeiträge und sonstiger Content aus dem Netz rund um das Thema Journalistenfilme. Der Dezember 2015 stand ganz im Zeichen der Vorschusslorbeeren, mit denen Oscar-Mitfavorit Spotlight Ende Februar bei uns anläuft.
Von Patrick Torma. Bild: I. Rasche / pixelio.de.
Wer unsere Social Media-Auftritte bei Facebook und Twitter verfolgt – oder einen Blick in die kommenden journalistenfilme.de-Kinostarts geworfen hat -, der weiß: Die Vorfreude auf Spotlight ist riesig. Der Film mit dem Mega-Cast (Michael Keaton, Mark Ruffalo, John Slattery, Rachel McAdams, Liev Schreiber, Stanley Tucci, Billy Cudrup) und der sagenhaften Rotten Tomatoes-Wertung von 97 Prozent hat in den Staaten zahllose Kritikerpreise und Nominierungen eingefahren, in vielen Jahresendlisten liegt die journalistische Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche Bostons weit vorne. Spätestens jetzt gilt Spotlight als hoher Favorit bei der 88. Oscarverleihung am 28. Februar 2016.
Drei Tage vorher läuft Spotlight in den deutschen Kinos an. Die ersten deutschsprachigen Kritiken trudeln ein – und auch sie verheißen nur Gutes. Filmstarts.de, ein Portal, das nicht im Verdacht steht, massenweise Jubelwertungen herauszuhauen, vergibt 4.5 von 5 Sternen. Andreas Staben sieht in Spotlight das Erbe von Alan J. Pakulas Die Unbestechlichen – und das ist die Film-Fibel für Journalisten schlechthin!
Die Geschichte hinter dem Spotlight
Gute zwei Monate sind es bis zum Kinostart von Spotlight noch: Das gibt uns die Gelegenheit, uns mit der wahren Geschichte hinter dem Film vertraut zu machen. “Spotlight klagt nicht an. Der Film wahrt, so wie es sich auch für guten Journalismus gehört, eine gewisse Distanz. Vielmehr macht er deutlich, dass eine Schweigespirale viele Glieder hat”, schreibt The European-Herausgeber Alexander Görlach in seiner Besprechung Bostoner Enthüllungen.
Ebenfalls lesenswert ist Görlachs Beitrag in der Welt: Wie eine Zeitung die Kirche zum Hinschauen brachte. Hierdrin beschreibt der promovierte Theologe, welche Auswirkungen der Bostoner Skandal auf die gesamte Katholische Kriche hatte und warum der Film in den USA kontrovers diskutiert wird. Denn trotz seines dokumentarischen Stils soll der Film einige handelnden Personen von damals besonders tendenziös dastehen lassen. Dass ein Film mit einem derart heiklen Thema aufwühlen würde, war zu erwarten. Im Providence Journal packt einer der Betroffenen aus: Sex-abuse survivor, former R.I. man depicted in ‘Spotlight’ movie, tells his story.
Wo ist die Ehre der Katharina Blum?
Mit einem alten Film beschäftigte sich Jan Noyer vom Blog Kuleschow-Effekt: Mitten im Advent suchte er Die verlorene Ehre der Katharina Blum. Und das auf Zuruf – im Vorfeld hatte Jan aufgrufen, Wünsche zu äußern; journalistenfilme.de brachte die Blum ins Spiel. Nicht ohne Hintergedanken: Ich habe den Film noch nicht gesehen, und eine geplante Sichtung schiebe ich schon seit einiger Zeit vor mir her: Der Schlöndorff-Streifen fristete bislang Dasein im unteren Mittelfeld meiner Watchlist. Ich gebe zu: Deutsche Produktionen reizen mich nicht besonders. Außerdem habe ich noch einige aktuellere Filme vor der Brust.
Doch siehe da: “Die Parallelen gerade zur deutschen Wirklichkeit des Jahres 2015 sind erschütternd, denn die Verbindungen, die durch unreflektierten, reißerischen bis hetzerischen „Journalismus“ und in die Tat umgesetzten Hate Crimes bestehen, sollten inzwischen jedem klar sein – und auch die unrühmliche Rolle, die real-existierende Blätter dabei spielen”, schreibt Jan in seinem Review – und feuert so mein Interesse an. Für Katharina Blum geht es nach dieser Pressepolka ein paar Plätze hoch in meiner Watchlist. Und für Jan gibt’s nochmal ein nachträgliches, großes Dankeschön!
Pressepolka mit der Movietheque
Reizvoll klingt auch die Story zu True Story – Spiel um Macht. Journalist Michael Finkel (Jonah Hill) trifft auf den inhaftierten Christian Longo (James Franco), der verdächtigt wird, seine eigene Familie ermordet zu haben. Das Kuriose: Longo hat sich bei seiner Verhaftung als Finkel ausgegeben. Vielgucker Marc Friedrich von der Movietheque ist nur durchschnittlich angetan: “Ein, zwei Wendungen können fesseln, die Geschichte ist insgesamt gelungen, ganz einfach weil sie wahr ist und Jonah Hill macht Spaß. Ein Scoop ist “True Story” aber keineswegs, dazu versteht Regisseur Rupert Goold sein Handwerk einfach nicht gut genug.” Da Marc einen guten Filmgeschmack pflegt, heißt das für mich: Der Film kann warten.
Zum Abshluss unserer Pressepolka noch kurz in eigener Sache: Journalistenfilme.de hat es am 15. Dezember in die 6 vor 9-Links des BILDblogs geschafft. Jeden morgen veröffentlichen die Autoren ausgewählte Beiträge zu den Themen Journalismus und Medien. Aufhänger war Folge #2 von journalistic relief über die Rolle der April O’Neil bei den Turtles. Normalerweise ist eine Nennung auf dem BILDblog eine zweifelhafte Ehre, geht es den Machern doch darum, Qualitätsmängel in der Presselandschaft aufzudecken. In diesem Fall jedoch freue ich mich über die Erwähnung. Auch hier gilt: Danke dafür!
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