Kong is back. Augenzeugin ist die Fotojournalistin Mason Weaver - sie begleitet die Expedition nach Skull Island. &
Kong is back. Augenzeugin ist die Fotojournalistin Mason Weaver – sie begleitet die Expedition nach Skull Island.
Affentheater auf journalistenfilme.de: Aktuell macht König Kong die Lichtspielhäuser unsicher. Augenzeugin ist die Fotojournalistin Mason Weaver – sie begleitet die Expedition nach Skull Island. Ursprünglich mit einem festen Arbeitsauftrag. Am Ende wandelt sie “nur” auf den Spuren von Fay Wray, Jessica Lange und Naomi Watts, indem sie sich als “Weiße Frau light” entpuppt.
Text: Patrick Torma. Bildmaterial: Warner Bros.
Zur Person: Mason Weaver (gespielt von Shooting-Star Brie Larson, Raum) ist Kriegsfotoreporterin. Der Film, der im Jahre 1973 spielt, gabelt seine Heldin in Vietnam auf. Präsdient Richard Nixon hat – gemäß Pariser Abkommen – den Rückzug der US-Truppen aus Südostasien angeordnet (lässt in den Folgemonaten jedoch Teile der Nachbarschaft in Kambodscha unter einem Bombenteppich begraben). Die in der Hafenstadt Da Nang stationierten Soldaten bereiten sich auf ihre Heimkehr vor, da werden sie zu einem letzten Auftrag abkommandiert. Sie sollen eine Vermessungsexpedition auf ein unerforschtes Eiland begleiten. Mason Weaver wird zu Dokumentationszwecken an Bord geholt. Als kritische Berichterstatterin schwant ihr, dass dieser Ausflug einen Haken haben wird: „Drei Quellen sagen mir unabhängig voneinander wortwörtlich das Gleiche. Daran ist etwas faul.“ That’s journalism, baby!
Funktion: Kriegsreporter schaffen ideologische Distanz, sie betten das Schlachten in einen Kontext ein. So funktionieren sie in den allermeisten Kriegsreporterfilmen. Kong: Skull Island ist in erster Linie ein Monsterfilm, der sein Publikum ins Staunen versetzen will. Und doch steckt in dem Szenario deutliche Kritik an der amerikanischen Außenpolitik – in der Vietnamfrage im Speziellen, in der Haltung während des Kalten Krieges im Allgemeinen und darüber hinaus. „Wenn man will, dann kann man sich seine Feinde machen“, kommentiert einer der Soldaten sinngemäß, als der leitende Colonel Packard (Samuel L. Jackson) zur Großwildjagd auf Kong bläst. Packard, der in seiner Figurenzeichnung wie eine Mixtur aus Käpt’n Ahab aus Moby Dick und Colonel Kurtz aus Apocalypse Now anmutet, lässt alle Vernunft fahren, in seinem Bestreben, diesen Riesenaffen zur Strecke zu bringen. Schließlich hat der einen Großteil seiner Männer auf dem Gewissen. Packard sieht in Kong nichts weiter als ein Biest. Er übersieht jedoch den Fakt, dass er es mit seinen Bomben (zur geologischen Vermessung!) erst aufgeschreckt hat und der überdimensionale Primat nun sein Territorium verteidigt. Es tun sich also Parallelen auf. Kong – Vietcong – you get it.
Kong – Vietcong – you get it.
In ihrer ersten Begegnung mit Packard, beim Verladen der Ausrüstung auf jenen Kahn, der das Team so nahe wie möglich an Skull Island heranschippern wird, erfüllt Mason Weaver pflichtschuldig ihre Kritikfunktion. Packard, ganz Gentleman, äußert seinen Respekt vor der Arbeit der Kriegsfotografin – nur um sie im nächsten Moment als Vaterlandsverräterin zu denunzieren. Sie habe mit ihren Bildern die Stimmung daheim in den Staaten kippen lassen und somit zum Rückzug der Amerikaner beigetragen. „Den Krieg haben Sie mit ihren Waffen verloren“, entgegnet Weaver schlagfertig. Dass die Medien das Ende des Vietnamkrieges heraufbeschwört haben, ist eine oft verbreitete, inzwischen aber kontrovers diskutierte These, für die es überzeugende Gegenbelege gibt. Neuere Forschungen zum Thema beobachten, dass die Berichterstatterung erst in einem kriegsmüden Klima kritischere Züge annahm – als die militärische Niederlage deutlich absehbar war. In dieser Stimmungslage hatten die Bilder aus Südostasien noch eine beschleunigende Wirkung, aber ganz sicher keine wehrkraftzersetzende. In Kong: Skull Island entzieht Mason Weaver Packards Versuch, eine Dolchstoßlegende zu konstruieren, den Nährboden.
(Mehr hierzu: Die Rolle der Medien in Vietnam schauen wir uns im Beitrag zu Full Metal Jacket genauer an. Wer lesen bzw. sehen will, wie sehr die „Wunde“ Vietnam noch schmerzt – in Truth – Der Moment der Wahrheit geht es auch um die Rollen der US-Präsidentschaftskandidaten Bush & Kerry zur Zeit der amerikanischen Intervention in Südostasien.)
Es ist leider Weavers letzter wacher Moment, bevor von der bissigen Kriegsreporterin zur handzahmen Fototouristin degradiert wird – hier ein paar Erinnerugnsfotos mit den feixenden GIs, dort ein paar gestellte Dokumentaraufnahmen mit dem auf Skull Island lebenden Naturvolk. Letztlich erfüllt Mason Weaver die Rolle, die das Drehbuch (und die Tradition des kong’schen Kanons) für sie vorgesehen hat – die der weißen Frau. In der Light-Variante, wohlgemerkt. Ohne viel Geschrei. Dafür mit ganz viel Mitgefühl. Und bittersüßen Kullertränchen auf den Wangen, die den Beschützerinstinkt im Manne, pardon, im Affen wecken.
Mason Weaver, journalistische Mitwisserin
Trivia: Als sie Skull Island verlässt, entschließlt sich Weaver, Kongs Geheimnis zu wahren. Damit steigt sie in die Riege der journalistischen Mitwisserinnen auf, die aus ehrenwerten Motiven auf einen – sicherlich zuträglichen, aber kurzfristigen – Scoop verzichten. Vorreiterin ist Lois Lane, die die Identität von Superman Clark Kent bewahrt. Eine andere selbstlose Journalistin ist eine gewisse April O’Neil, die eine freundschaftliche Beziehung zu einer Clique von Ninja-Schildkröten unterhält. Cowabunga.
Nachhaltigkeit: Mason Weaver hält nicht das, was die Einführung ihrer Figur verspricht. Spätestens mit Ankunft auf Skull Island hat sie ihre Profession abgeschüttelt. Zu Lois Lane und April O’Neil ist es für Miss Weaver ein weiter Weg. Doch wer weiß, was das uns bevorstehende Monsterverse rund um Kong, Godzilla und Konsorten wie Mothra und Rodan noch bereithält.
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